Zeit vergeht, Zeit steht. Bin gerade im "Hier und Jetzt".

Sunday, 14. June 2009
11 Tage ohne Eintrag - wow, das hab ich selten geschafft. Nun, ich stand mehrfach vor der Wahl: Schreibste jetzt oder gehste vor die Tür? Die Entscheidung war immer recht einfach...

Arbeitsmäßig plätschert es eher vor sich hin, zwar kommt jeden Tag was rein, aber tagesfüllend ist anders. Nun, gar nicht schlecht. Damit habe ich Zeit für die Stadt. Hatte mir schon vor einer Weile aufgeschrieben, was ich noch sehen will. Nicht, dass auf einmal der 30. Juni da ist, und mir Highlights auf meiner Liste fehlen.

Vorletzten Freitagmorgen habe ich in dieser Freiheit das Civic-Center, also die City Hall, sprich das Rathaus von San Francisco besucht. Ich meine irgendwo in einem Reiseführer gelesen zu haben "gebaut nach Vorbild des Petersdom in Rom", hier sprach man nun "nach Vorbild des Invalidendom in Frankreich" - egal, schaut man sich die Gebäude an, kommt schon alles aus der gleichen Ecke.

Nun, genau wie im Petersdom kommt man hier auch nur nach Durchschreiten einer Sicherheitsschranke rein. Es gibt eine geführte Tour gratis (10, 12 und 14 Uhr in der Woche täglich), diese gibt einen guten Überblick. Und witziger Weise - der Film "Milk", der ja nun einen Oscar erhalten hat, hat auch hier großen Einfluss auf die Tour. Milk wird mehrfach erwähnt. Und das Attentat auf den Bürgermeister und ihn, bei dem beide ermordet wurden, ist eben auch Teil der Geschichte dieses Gebäudes.

Dabei zeigt der Film Milk eigentlich nur die halbe Geschichte: Der Mörder Dan White ist nicht wegen Mord, sondern wegen Totschlag verurteilt worden, da der Anwalt es glaubhaft gemacht hat, dass Dan White aufgrund von hohem Verzehr von Junkfood in seiner Zurechnungsfähigkeit eingeschränkt war und deswegen nur für 5 1/2 Jahre hinter Gitter musste. Dieses Urteil hat zu riesigen Krawallen in der Stadt geführt, die, wenn man den Berichten glauben darf, mit den Stonewall-Krawallen in der Chrisopher-Street in New York vergleichbar waren. Nun, Dan White hat sich 2 Jahre nach der Entlassung aus dem Knast das Leben genommen. Von daher darf man wirklich die Vermutung anstellen, dass er psychisch nicht der stabilste war...

Nun, zurück aber zur City-Hall. Jeder Bürgermeister hat hier eine Büste. Seit ein paar Wochen ist ebenfalls eine Büste von Harvey Milk zu finden. Der Mann und seine Geschichte bewegt schon sehr viel in der Stadt. Wenn man sich überlegt, das San Francisco kleiner als Köln ist. Dort würde sich eine solche Geschichte anhören wie aus einem schlechten Köln-Krimi. Ach, was schreib ich nur... Nun, es ist gerade 4:20 hier! Auf jeden Fall finden an allen möglichen Stellen im Gebäude Trauungen statt, die sind nicht auf bestimmte Räume beschränkt, und mit der Führung gelangt man sowohl in den Besprechungsraum des Bürgermeisters als auch in den Sitzungssaal der Supervisoren, sprich des Stadtrats.

Weiß gar nicht so genau, womit ich vorletzes Wochenende verbracht habe.... Doch, Sonntag war ich den ganzen Tag auf einem Kurzfilmfestival. Am Donnerstag dann, wieder schlug hier das Feiertagsgefühl aus Deutschland durch, da auch kein Arbeitsinput kam, wackel ich ins Exploratorium. Ein Museum, das sich im Prinzip um angewandte Physik kümmert. Vor allem aber sehr lebensnah und mit vielen Installation verdeutlicht, wie man sieht, hört, wahrnimmt, und wie leicht unsere Sinne zu täuschen sind... Man wird wieder zum Kind und ist neugierig, wie die Dinge funktionieren. Das schwarz-weiß Foto weiter oben ist von einem Gerät, dass aus dem eigenen Abbild ein Pixelbild macht... Witzig. Auf jeden Fall ein Besuch wert!

Das Museum schließt um fünf die Türen, da es direkt an der Marina liegt, also Sandstrand mit Blick auf die Golden Gate Bridge, lädt die Umgebung noch zum kleinen Spaziergang ein. Wunderschönes Wetter - das in den letzten Tagen oft sehr wechselhaft ist. Neben blauen Himmeln und Sonne gibt es auch 14°-Tage mit dem berühmten Nebel über der ganzen Stadt - an dem Donnerstag sehr windig, was ziemlich viele Surfer und Skysurfer auf die Bay treibt. Echt ein gigantisches Schauspiel. Super. Und denke schon, dass ich das wohl vermissen werde. Nun, in Köln bin ich auch nicht jeden Tag am Rhein gewesen, und hier sehe ich auch nur ähnlich häufig die Golden Gate Bridge, aber wenn man dann davor steht... Foto!!!!

Na, und im Reichtum an Zeit habe ich für Freitag ein Auto geliehen, um mit Keas nach Monterey zu fahren. Die Küste Kaliforniens ist einfach traumhaft. Es sind zwar nur zwei Stunden bis Monterey, aber bis wir das Auto hatten - dieses mal einen flammneuen Ford-Focus, es roch streng nach neuem Auto, und Blick auf die Tacho-Anzeige zeigte, dass wir die ersten waren, die dieses Auto ausgeliehen hatten. Selbst das Handbuch war noch eingeschweißt und die Uhr mussten wir selber erst stellen - bis wir unseren Mittagssnack bei Safeway gekauft und verzehrt hatten, und auf dem Weg immer wieder anhalten mussten, dann noch in Santa Cruz in den Feierabendverkehr kamen, war es bereits nach 6 am Abend, als wir den Strand südlich von Monterey erreicht haben.

Ach ja, ähnlich wir vor zwei Wochen mit Heike steht Keas auf einmal mit den Füßen im Wasser, die Wellen sind doch hier einfach recht schnell ;-).

Mit Käse, Kräckern, Oliven und Erdbeeren versorgt ist der Sonnenuntergang einfach noch mal so schön. Und kaum ein Mensch am Strand, wir haben eine riesige Bucht für uns alleine, und langsam vorbeischlendernde Pärchen unterstreichen eher diese endlose Ruhe hier... Wunderschön. Da kann man mal Ruhe tanken! Nun, und Keas - um es kurz zu fassen - ist einfach mit den Worten "warum treffe ich den denn gerade jetzt" zu beschreiben. Wir verstehen uns gut und haben eine gute Zeit mit einander. Und lässt mich gerade völlig vergessen, dass die Uhr tickt... Nichts desto trotz, ich bin sehr gespannt auf Deutschland, und morgen sind es nur noch zwei Wochen... Nun, Zeit vergeht, Zeit steht. Selten habe ich mich so sehr in der Gegenwart gefühlt...

In diesem Sinne, im Kopf rückt Deutschland trotzdem näher, bin nach wie vor aufgeregt, wie es sich nach einem Jahr Wegsein anfühlen wird...

Fahrrad ist verkauft - und der Countdown läuft...

Thursday, 4. June 2009
...keine Angst, es wird jetzt nicht täglich ein Update über jeden Moment hier geben, aber der heutige Radverkauf ist schon symbolisch für das, was in den nächsten Wochen passieren wird...

Die Zeit läuft, heute in vier Wochen bin ich wieder in Köln werde wahrscheinlich einmal vom Jetlag geschüttelt sein, und bleibe dann auch erst mal dort. Ja, richtig gelesen. Es geht wieder nach Deutschland!

Die organisatorischen Schritte sind im Prinzip abgewickelt, Wohnung ist gekündigt, mehr sogar, ein Mann aus Köln, der hier ein Stipendium an der Uni bekommen hat, übernimmt meine Wohnung und damit auch ein paar Dinge, die ich angeschafft habe. Witziger Weise fliegt er drei Stunden, nach dem ich in Frankfurt lande von dort aus los, vielleicht treffe ich ihn noch auf eine Kaffee, man wird sehen.

Das Fahrrad habe ich am Dienstag auf die Craiglist gesetzt, das Spiel ist hier nicht anders als bei uns. Man überlegt, wie viel man haben möchte, legt noch mal einen Verhandlungsobolus oben drauf, geht dann mit dem Preis runter, und beide Seiten sind zufrieden. Ich, weil ich das bekommen habe, was ich wollte (mehr sogar, als ich mir anfangs vorgestellt habe), der Käufer, weil er es geschafft hat, den Preis zu drücken. Nun denn, das Rad ist gut im Schuss, von daher hat er auch einen guten Kauf gemacht.

Warum zurück?


Nun, es gibt jetzt nicht DEN Grund. Vielmehr ein guter Mix aus vielen Gründen. Vorneweg steht sicher die Entfernung zu Familie und Freunde. Was nun Freunde anbelangt, so müsste ich jetzt hier keine Angst haben. Einerseits ist man ja als hier Lebender ein attraktives Reiseziel für alte Freunde, und der Alltag hat auch gezeigt, dass ich durchaus kontaktfreudig bin und mir keine Sorgen machen muss, alleine vorm Fernseher zu sitzen. Wobei ich auch oft allein essen gehe oder auch ins Kino, das durchaus aber auch genieße.

Irgendwann kam aber ein Punkt, an dem mir ganz klar war, wenn ich hier 100%ig ankommen will, richtige Freundschaften aufbauen will, auch arbeitstechnisch richtig landen möchte, muss ich mich auch 100%ig auf das Land hier einlassen, mich dann wirklich von alten Freunden trennen, mich von treuen Kunden lösen, Wohnung in Köln auflösen usw. Und damit war dann auch ganz schnell klar, das will ich nicht. Ich will nicht 2 Wochen in Jahr Urlaub haben, um diese dann im Express-Rausch in Köln zu verbringen. Selbst die sieben Wochen im Winter waren mir schon viel zu kurz und zu anstrengend.

Aber es war auf jeden Fall gut, das zweite Mal her zu gehen. Als ich im Winter her kam, hatte ich mental dahin bewegt, dass ich erst mal auf unbestimmte Zeit hier bleiben will, mit Wohnung und allem, was dazu gehört. Und ich glaube, dieses "psychologische Selbstaustricksen" hat mir den Kopf frei gemacht, um hier wirklich zu gucken, was ich hier hab und was ich hier finde.

Der zweite Aufenthalt hat sich massiv vom ersten unterschieden. Um nun den allerdümmsten Vergleich zu bringen, den ich schon lange im Kopf habe, aber der nach wie vor am besten beschreibt, wie ich mich gefühlt habe: Die ersten fünf Monate waren wie im Rausch, wie eine heiße Nacht mit der drallen Blondine/dem potenten Muskelprotz (um den Vergleich geschlechtsneutral zu halten ;-) ), vor lauter Neuem und dem Grinsen im Gesicht waren das in der Rückschau fünf Monate auf Dauer-Adrenalin. Der zweite Aufenthalt fühlte sich (vor allem am Anfang) an, wie der klägliche Versuch, diese heiße Nacht zu wiederholen, und um so sehr man es auch versucht, es stellte sich nicht das Euphorie-Gefühl ein wie beim ersten Mal, vielmehr das Gefühl, wo ich hin gehöre…

Es ist auf keinen Fall doof jetzt, im Gegenteil, ich genieße nach wie vor die Stadt, die Leute, aber viel bodenhaftender und angekommener als im letzen Herbst. Ich bin sehr glücklich, dass ich das machen konnte, will das Jahr, oder knapp 10 Monate werden es dann gewesen sein, auf keinen Fall missen, bin mir auch jetzt schon sicher, was ich hier vermissen werde…

Ich habe aber auf jeden Fall ein gutes Gefühl. Nach der Schule damals bin ich direkt in die Ausbildung, spätere Versuche, nach London oder auch nach Zürich (dort hatte ich sogar schon einen Job!) zu gehen sind aus den unterschiedlichen Gründen gescheitert. Jetzt habe ich mein Jahr Auslandserfahrung gemacht, und unter dem Aspekt fühlt sich das auch rund an. Letztendlich, die Absicht auszuwandern, hatte ich nie. Und gleichzeitig, eine Erfahrung der letzten zwei Jahre ist sicher auch, dass das Leben doch arg unbeständig ist, und keine Ahnung, was ich in einem halben Jahr denke... Ich gehe erst mal wieder nach Köln, und werd auch erst mal dort bleiben. Werde sicher in den nächsten Jahren regelmäßig hier her reisen um die Greencard aktiv zu halten, wer weiß, ob das aus beruflicher Sicht noch mal sehr hilfreich sein könnte. Aber erst mal wieder Deutschland!

In diesem Sinne: Es bleibt spannend...

Viele Bilder in vielen Worten

Wednesday, 3. June 2009
Die Fotos, die unten in der Diashow zu sehen sind (und noch ein paar mehr), haben heute Ute als gebundenes Buch erreicht. Bin fast neidisch, dass ich das Buch jetzt nicht habe, denn so schön die Bilder auf dem Bildschirm oder im Blog sein können - als richtiges Buch macht das eben noch mal ganz anderen Spaß. Und das sind die Worte, die Ute mir gerade per E-Mail dazu gesendet hat:

flughafen sf
die farbe der golden gate bridge und des dixi-clos spiderman in mission die ladys die stadtmusikanten auf amerikanisch (das muss ich clemens schicken) der chinalampion und napoligeranien feuerwehr, cable-car und betonmischer (für papa) seehunde, das uboot aus dem II. weltkrieg, ikeatasse von dir yosiemeitiiii desert und schnee mit coffee to go und die tapfertreue biene die steine, in bögen, säulen und als klötze, orangefarbene weite, ein radfahrer in der hitze und der rote fotograf mit weisem bart die fahne von amerika, die religion und auto-ralley-motive stahl in der wüste, cola und ein mystischer ort legenden von der route66 und dem gran canyon ein turm mit zeichnungen und ute mit fotoapparat vor der steinbergenweite silbergraues geäst und die leuchtreklame des indischen? motels mit dem französischen? autofensterputzerpaar briefkästen in reih und glied im nirgendwo i did it!
der charme von alt las vegas und xyz
die puppe, die ich nicht gesehen habe und das meer gefährliche tiere und neugierige der letzte tag vor meinem ... abflug ... und sf tschüß sagen an der brücke, und das ich gerne noch mal wiederkommen würde unsere heimatort motel6 und stephan

... unser platter reifen und der versteckte mann mit dem laubgeäst fehlen!


PS: nächstes Jahr geht‘s dann endlich zum Bosporus!

Der gespielte Witz


Und da wir gerade bei Worten für Bilder sind – mit Utes vorletzter Mail kam kein gespielter Witz: "Bitte eine Flasche Pommes Frites" ;-) - sondern ein erzählter Bilderwitz:
Überschrift: Weltstar von Schweinegrippe dahingerafft!!!
Bild: Toter Kermit
Untertitel: Wir wissen auch, von wem er's hat


San Francisco Quickie

Monday, 1. June 2009
Nach Besuch von Ute, kurzes Treffen mit Roland und drei Freundinnen aus Leverkusen, Kölner-Nachbar Peter war mit Freundin Kati für eine Woche in der Stadt, kam nun Heike aus Pasadena bei Los Angelos aus Detroit-Michigan aus Bergisch-Gladbach als selbsternanntes „Kölsches Määdscher“ übers Wochenende hoch aus dem Süden Kaliforniens nach San Francisco.

Nun habe ich mit Ute zwei Wochen Rundreise Südwesten der USA, mit Matthias und Matthias im Dezember 10 Tage Stadturlaub in San-Francisco geplant und gemacht, jetzt stand also die Frage an: Was macht man in zwei Tagen, um eine Idee von der Stadt zu bekommen. Ein wenig die essentielle Frage: Was ist das wichtigste an San Francisco und was muss man sehen (und wer beim Titel dieses Eintrags an was anderes gedacht hat, sollte sich schämen ;-) ).

Ich fahre am Freitagabend mit der BART zum Flughafen und hole Heike ab. Zur Autovermietung, und wie das immer ist, man (bzw. Heike) hat zwar gebucht, aber es gibt immer noch ein Upgrade auf den nächste größeren (und teureren) Wagen, und man kann sich dann noch rundum einschließlich Katzengewitter versichern… Nun denn, aber statt dem normalen Wagen einen „Convertible“ zu buchen, sprich, ein Cabrio, das macht schon an, und so viel mehr kostete es dann doch nicht. Dass man das Auto später nicht einfach an der Straße stehen lassen möchte, sondern wiederum für viel Geld einem Parkplatzwächter in der Stadt anvertraut, ist einem im Moment der Verlockung nicht präsent ;-).

Für nur zwei Tage in der Stadt aber ist ein Auto ein muss. Auch wenn der öffentliche Verkehr gut ist, man erreicht einfach nicht so viele Ziele. Beim ersten Cruisen durch die Stadt ist Heike schon ganz angetan. Südkalifornien ist sehr beeinflusst durch Mexico und anders als hier. Bei meiner Beschreibung von holländisch-englischem Flair fühlt sie sich schon ganz gut. Einmal quer durch die Mission-Dolores-Gegend, Castro, Abendessen, eher ein Nachtmahl im Bagdad-Cafe, kurz zum Safeway (ausnutzen, dass ich ein Auto im Zugriff habe), dann auf die mitternächtliche Golden-Gate-Bridge. Jo, was für den Kölner der Dom ist, ist auf jeden Fall hier die Golden Gate Bridge! Wir fahren hoch in die Berge, um die Stadt hinter der Brücke zu sehen. Bei Nacht, ach, eigentlich immer ein guter Ausblick. Wir steigen nur kurz aus, das Cabrio-Dach bleibt auf jeden Fall zu! Sch… kalt isses…

Am Samstag fahren wir zum Fisherman’s Warf, zu dem ich persönlich gemischte Gefühle habe wie zur Kölner Altstadt. Die Tourimeilen liegen mir nicht, aber man darf auch nicht dran vorbei gehen. Das Auto stellen wir etwas weiter ab, und wenn man zwei Blöcke weiter parkt, findet man auch parkuhrfreie Zonen. Es ist viel los am Hafen, aber immerhin gibt’s noch ruhige Stege, die Seelöwen am Pier 39 sehe ich dieses Mal vom nächsten Pier, und es ist wirklich entspannt. Das Wetter ist leider sehr wechselhaft. Wir kaufen Postkarten und stellen erst sehr spät fest, dass der Postkartenverkäufer blind ist, aber trotzdem dieses Business hier betreibt. Cool.

Einer der Hauptattraktionen ist ein schwarzer, wahrscheinlich um die 60 jähriger Mann, der sich hinter zwei Laubästen auf dem Gehweg versteckt und vorbeigehende Leute mit einem Urwaldgeräusch erschrickt. Ute wird sicher lachen, da es mich selber neulich erwischt hat, und ich einen ziemlich hysterischen Schrei gelassen habe, heute haben wir uns das Schauspiel von Weitem angeguckt. Und auch wenn sich eine Menschentraube von mindestens Hundert Leuten in viel zu Naher Entfernung auf den nächsten Erschrockenen wartet, es funktioniert immer und immer wieder, und man ist verwundert, das so wenig Schadenfreude so viele Leute (und einen selbst) doch so sehr amüsieren kann!

Mit Ben&Jerry-Eis gestärkt (wer eine seiner Eissorten „Schokoladen-Therapie“ nennt, hat sein Geschäft verstanden ;-) ), geht’s weiter Richtung Golden-Gate-Park (hab’s schon mal berichtet, Park schließt hier keine 4-spurige Straße aus :-D ), kurz in die andere Richtung zum Alamo-Square, um den Blick zu sehen, der auf unzähligen Reiseführern zu sehen ist und die sechs „Painted Ladys“ zeigt. Nun denn, auch wenn es immer diese gleichen sechs Häuser sind, in San Francisco gibt’s unendliche viele Häuser, die mindestens genauso schön sind. Weiter, einmal mit dem Auto durch Hippy-Viertel Height-Ashbury, noch mal quer durch den Golden Gate Park weiter zum Baker-Beach.

Baker Beach hat sicher einen der schönsten Blicke auf die Golden-Gate-Bridge, hier ist das Meer ziemlich rau, das Wasser kalt, Angler am Hafen und ein schöner breiter Sandstrand. Auch wenn die Frau am Flughafen uns das Auto mit Aussicht auf gutes Wetter schmackhaft gemacht hat, hier reicht es eher für eine schönen Herbstspaziergang… Aber der Blick ist einfach gigantisch, und Heike, beim Versuch, unseren Namen in den Sand zu schreiben, übersieht die herankommende Welle und verscheucht mit einem Schrei wahrscheinlich alle Fische, die dem Angler gerade näher gekommen waren ;-).

Danach machen wir ernst – Cabrio auf, Schal an, Heizung volle Pulle und auf Richtung Ocean Beach. Auf dem Weg – und das hatte ich auch noch nicht gesehen, kommen wir am Museum Legion of Honor vorbei. Antikes Gebäude irgendwo im Nebel zwischen Golden Gate Bridge und Ocean Beach. Kaum Leute unterwegs, es ist auch schon spät, mit dem Geländer könnte das nun auch irgendwo an der Côte d’Azur sein… Nach Blick auf den Pazifik machen wir uns hoch auf Twin Peaks – aber vorher auf dem Seitenstreifen noch ganz schnell das Cabrio wieder zu, es ist einfach nicht die Jahreszeit dafür! Und auch keine gute Zeit für Twin Peaks, hier erleben wir nur, wie kalt und wie schnell Nebel sein kann, das Aussteigen aus dem Wagen hat nicht mal eine gefühlte Minute gedauert.

Wir fahren den Berg wieder runter, ab ins Castro, essen sehr lecker beim Thailänder auf der Castro-Street (nach meinem Geschmack eines der besten Restaurants auf der Castro), trinken noch ein Bier im Mix auf der 18th und fahren erledigt für den Tag nach Hause. Langer Tag, viel gesehen. Da ich am Freitag der Meinung war, dass ich jetzt endlich auch mal bei 14 Grad im T-Shirt vor die Tür gehen muss, und das Cabrio-Fahren das übrige tut, bin ich wieder etwas erkältet, glücklicherweise hat Heike Ohrstöpsel dabei, da ich in Erkältungszeiten dann doch zum Schnarchen neige (sonst nicht ;-) )!

Am Sonntag – und hier bleit, da Heikes Flieger schon am frühen Abend zurück geht – nicht mehr ganz so viel Zeit. Es geht mit der Cable-Car von der Powell-Station zur Hyde, zum Fisherman’s Warf. Dank Heike traue ich mich erstmalig in eins der Touristen-Lokale, um dort endlich auch mal Fisch zu essen. Zugegebener Maßen, bin nicht der größte Fisch-Fan, aber das hier ist völlig in Ordnung, der Fisch ist lecker, der Service freundlich, und die Preise wirklich moderat. Auf jeden Fall nichts, von dem man abraten muss. Nun denn, ein paar Souveniers für Heike, eine neue Sonnenbrille für mich, und irgendwie hat Ben&Jerry magnetische Wirkung auf uns, eine Therapie-Sitzung hilft ja nicht, von daher gibt’s wieder die Schokoladen-Therapie!!! Unglaublich. Hier lernt man, essen macht doch glücklich!

Die Zeit rennt, wir fahren mit der F-Linie zurück zur Powell-Station, packen Heikes Sachen ein, jetzt kommt sogar die Sonne raus, holen das Auto vom Parkplatzwärter ab, Dach auf, und da es jetzt wirklich schön wird und wir soviel Zeit noch haben, fahren wir noch mal hoch zum Twin Peaks – und die Eile lohnt sich. Nicht warm, aber wunderschön… Verfahren uns noch mal auf dem Weg zum Flughaben (an der Stelle, an der ich mich im Dezember schon mal verfahren habe, die Beschilderung scheint wirklich nicht optimal zu sein…), trinke mit Heike noch einen Kaffee, ihr Flieger geht zurück nach Pasadena (L.A.), meine BART zurück in die Stadt, und schon wieder sind zwei Tage vorbei. Wahnsinn.

Heute ist Pfingstmontag, was den Ami nicht interessiert. Merkwürdiger Weise hab ich an solchen Tagen, wenn ich weiß, dass in Deutschland Feiertag ist, auch immer ein anderes Gefühl als für einen normalen Arbeitstag, was mir gerade das entspannte Schreiben erlaubt. OK, meine Umsatzsteuer ist gleich an der Reihe, ist ja der erste, heute Abend geht’s dank Joseph und seinen Freikarten in Beethovens 5. (hätte ich ja nie geglaubt, dass ich das mal Live sehe)…

Liebe Heike, Dir noch mal vielen Dank für Deinen Besuch und diesen Schnelldurchlauf San Francisco – macht mir immer wieder Spaß, „meine“ Stadt zu präsentieren… Und jetzt geht’s erst mal wieder zum Alltag über. In diesem Sinne – frohe Pfingsten!

Fotos aus Yosemite, Bryce Canyon, Arches, Canyonland, Monument Valley, Grand Canyon, Antelope Canyon u.w.

Wednesday, 27. May 2009
...fast vergessen... die Tage hatte ich die Bilder doch noch mal aufbereitet... hier nun die geballte Ladung ;-)






Ganz anderes Thema ist gerade: Die Prop8 - die Ablehnung der Homo-Ehe wurde heute Nachmittag juristisch bestätigt. Eine riesige Demo findet gerade vorm Civic-Center statt, am Himmel kann ich von hier aus die Hubschrauber sehen, die immer sofort zu sehen sind, sobald politische Aktivitäten auf der Straße passieren. Leider muss man auch schon lesen, dass bereits 100 Demonstranten wegen Ausschreitungen fest genommen wurden... Schade.

Die Leute, die in der "legalen Zeit" geheiratet haben, behalten ihren Ehestatus, aber jetzt isses erst mal wieder verboten. Zumindest Schwarzenegger sagt aber, dass irgendwann die Zeit kommen wird, dass die Gerichte und auch die Gesellschaft die Homo-Ehe anerkennen werden. In einem Forum las ich gerade, dass jetzt Obama gefordert ist. Man darf gespannt sein…

Hier gibt’s mehr: Prop8 bestätigt - Verbot für die Homo-Ehe