Zeit vergeht, Zeit steht. Bin gerade im "Hier und Jetzt".

11 Tage ohne Eintrag - wow, das hab ich selten geschafft. Nun, ich stand mehrfach vor der Wahl: Schreibste jetzt oder gehste vor die Tür? Die Entscheidung war immer recht einfach...

Arbeitsmäßig plätschert es eher vor sich hin, zwar kommt jeden Tag was rein, aber tagesfüllend ist anders. Nun, gar nicht schlecht. Damit habe ich Zeit für die Stadt. Hatte mir schon vor einer Weile aufgeschrieben, was ich noch sehen will. Nicht, dass auf einmal der 30. Juni da ist, und mir Highlights auf meiner Liste fehlen.

Vorletzten Freitagmorgen habe ich in dieser Freiheit das Civic-Center, also die City Hall, sprich das Rathaus von San Francisco besucht. Ich meine irgendwo in einem Reiseführer gelesen zu haben "gebaut nach Vorbild des Petersdom in Rom", hier sprach man nun "nach Vorbild des Invalidendom in Frankreich" - egal, schaut man sich die Gebäude an, kommt schon alles aus der gleichen Ecke.

Nun, genau wie im Petersdom kommt man hier auch nur nach Durchschreiten einer Sicherheitsschranke rein. Es gibt eine geführte Tour gratis (10, 12 und 14 Uhr in der Woche täglich), diese gibt einen guten Überblick. Und witziger Weise - der Film "Milk", der ja nun einen Oscar erhalten hat, hat auch hier großen Einfluss auf die Tour. Milk wird mehrfach erwähnt. Und das Attentat auf den Bürgermeister und ihn, bei dem beide ermordet wurden, ist eben auch Teil der Geschichte dieses Gebäudes.

Dabei zeigt der Film Milk eigentlich nur die halbe Geschichte: Der Mörder Dan White ist nicht wegen Mord, sondern wegen Totschlag verurteilt worden, da der Anwalt es glaubhaft gemacht hat, dass Dan White aufgrund von hohem Verzehr von Junkfood in seiner Zurechnungsfähigkeit eingeschränkt war und deswegen nur für 5 1/2 Jahre hinter Gitter musste. Dieses Urteil hat zu riesigen Krawallen in der Stadt geführt, die, wenn man den Berichten glauben darf, mit den Stonewall-Krawallen in der Chrisopher-Street in New York vergleichbar waren. Nun, Dan White hat sich 2 Jahre nach der Entlassung aus dem Knast das Leben genommen. Von daher darf man wirklich die Vermutung anstellen, dass er psychisch nicht der stabilste war...

Nun, zurück aber zur City-Hall. Jeder Bürgermeister hat hier eine Büste. Seit ein paar Wochen ist ebenfalls eine Büste von Harvey Milk zu finden. Der Mann und seine Geschichte bewegt schon sehr viel in der Stadt. Wenn man sich überlegt, das San Francisco kleiner als Köln ist. Dort würde sich eine solche Geschichte anhören wie aus einem schlechten Köln-Krimi. Ach, was schreib ich nur... Nun, es ist gerade 4:20 hier! Auf jeden Fall finden an allen möglichen Stellen im Gebäude Trauungen statt, die sind nicht auf bestimmte Räume beschränkt, und mit der Führung gelangt man sowohl in den Besprechungsraum des Bürgermeisters als auch in den Sitzungssaal der Supervisoren, sprich des Stadtrats.

Weiß gar nicht so genau, womit ich vorletzes Wochenende verbracht habe.... Doch, Sonntag war ich den ganzen Tag auf einem Kurzfilmfestival. Am Donnerstag dann, wieder schlug hier das Feiertagsgefühl aus Deutschland durch, da auch kein Arbeitsinput kam, wackel ich ins Exploratorium. Ein Museum, das sich im Prinzip um angewandte Physik kümmert. Vor allem aber sehr lebensnah und mit vielen Installation verdeutlicht, wie man sieht, hört, wahrnimmt, und wie leicht unsere Sinne zu täuschen sind... Man wird wieder zum Kind und ist neugierig, wie die Dinge funktionieren. Das schwarz-weiß Foto weiter oben ist von einem Gerät, dass aus dem eigenen Abbild ein Pixelbild macht... Witzig. Auf jeden Fall ein Besuch wert!

Das Museum schließt um fünf die Türen, da es direkt an der Marina liegt, also Sandstrand mit Blick auf die Golden Gate Bridge, lädt die Umgebung noch zum kleinen Spaziergang ein. Wunderschönes Wetter - das in den letzten Tagen oft sehr wechselhaft ist. Neben blauen Himmeln und Sonne gibt es auch 14°-Tage mit dem berühmten Nebel über der ganzen Stadt - an dem Donnerstag sehr windig, was ziemlich viele Surfer und Skysurfer auf die Bay treibt. Echt ein gigantisches Schauspiel. Super. Und denke schon, dass ich das wohl vermissen werde. Nun, in Köln bin ich auch nicht jeden Tag am Rhein gewesen, und hier sehe ich auch nur ähnlich häufig die Golden Gate Bridge, aber wenn man dann davor steht... Foto!!!!

Na, und im Reichtum an Zeit habe ich für Freitag ein Auto geliehen, um mit Keas nach Monterey zu fahren. Die Küste Kaliforniens ist einfach traumhaft. Es sind zwar nur zwei Stunden bis Monterey, aber bis wir das Auto hatten - dieses mal einen flammneuen Ford-Focus, es roch streng nach neuem Auto, und Blick auf die Tacho-Anzeige zeigte, dass wir die ersten waren, die dieses Auto ausgeliehen hatten. Selbst das Handbuch war noch eingeschweißt und die Uhr mussten wir selber erst stellen - bis wir unseren Mittagssnack bei Safeway gekauft und verzehrt hatten, und auf dem Weg immer wieder anhalten mussten, dann noch in Santa Cruz in den Feierabendverkehr kamen, war es bereits nach 6 am Abend, als wir den Strand südlich von Monterey erreicht haben.

Ach ja, ähnlich wir vor zwei Wochen mit Heike steht Keas auf einmal mit den Füßen im Wasser, die Wellen sind doch hier einfach recht schnell ;-).

Mit Käse, Kräckern, Oliven und Erdbeeren versorgt ist der Sonnenuntergang einfach noch mal so schön. Und kaum ein Mensch am Strand, wir haben eine riesige Bucht für uns alleine, und langsam vorbeischlendernde Pärchen unterstreichen eher diese endlose Ruhe hier... Wunderschön. Da kann man mal Ruhe tanken! Nun, und Keas - um es kurz zu fassen - ist einfach mit den Worten "warum treffe ich den denn gerade jetzt" zu beschreiben. Wir verstehen uns gut und haben eine gute Zeit mit einander. Und lässt mich gerade völlig vergessen, dass die Uhr tickt... Nichts desto trotz, ich bin sehr gespannt auf Deutschland, und morgen sind es nur noch zwei Wochen... Nun, Zeit vergeht, Zeit steht. Selten habe ich mich so sehr in der Gegenwart gefühlt...

In diesem Sinne, im Kopf rückt Deutschland trotzdem näher, bin nach wie vor aufgeregt, wie es sich nach einem Jahr Wegsein anfühlen wird...

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