Selbst Schuld - hier mein Foto und schriftliche Führerscheinprüfung in Californien

Friday, 31. October 2008
Mein letzter Blog-Eintrag hat dazu geführt, dass ein paar Kommentare vehement mein Konterfei eingefordert haben - nun denn - selbst Schuld - hier isses... Noch n bisschen verpennt...

Theoretische Führerscheinprüfung



Gestern war ich übrigens beim DMV und habe - hoch gepokert, da ganz schlecht vorbereitet - meine schriftliche Führerscheinprüfung abgelegt, und bin mit einem Fehler durch gekommen. Der Besuch beim Depature of Motor Vehicles war ein weiterer Eindruck des amerikanischen Alltags. Eigentlich ähnlich wie bei uns am Straßenverkehrsamt, aber dann doch auch witzig. Ein paar Meter hinter dem Counter hingen die Buchstaben-Schilder - "Bitte halten Sie sich mal ein Auge zu und lesen die Zeile A-5" - man zahlt 28 Dollar für den kompletten Führerschein.

Als ich am Counter stehe und die Formalitäten regele, möchte die Dame meinen deutschen Führerschein sehen. Sie schaut sich den länger an, und ich sage etwas entschuldigend, dass das Foto schon etwas älter sei. Sie schaut mich an, fängt laut und lange an zu lachen, und meinte, dass sie lediglich auf der Suche nach dem Ablaufdatum sei - hier laufen Führerscheine nach fünf oder zehn Jahren ab - aber ich hätte wohl auch recht ;-).

Man bekommt den Testbogen, geht in eine Art Wahlkabine, hat keine Zeiteinschränkung, geht zurück an den Schalter, der wird dort schnell ausgewertet. Und das Beste - man bekommt den Fragebogen sogar ausgehändigt! Habe nun einen Wisch als vorläufigen Führerschein - das kleine S/W Bild kommt auf meinen kalifornischen Führerschein: Ich muss mich jetzt nur noch zur praktischen Prüfung anmelden. Dort fährt man übrigens mit dem eigenen (oder geliehenen) Auto hin!

Warum überhaupt Führerschein? Einerseits will ich das Kärtchen haben, andererseits ist der in Amerika so wichtig wie bei uns der Personalausweis. Da ich nicht ständig meinen Reisepass mitschleppen möchte, ist das der Ausweis, den man immer bei sich haben sollte, falls jemand überprüfen muss, dass ich über 21 bin - und das ohne Ausweis nicht kann. Der Früherschein hat hier auch das Checkkartenformat - damit wird es einfach!

Übrigens – da diese Ausweis diese Wichtigkeit besitzen – kann man ebenfalls als Fußgänger eine Führerschein beantragen – auch die müssen sich ja ausweisen können ;-).


Verrücktes Halloween



Es soll in Deutschland nie wieder einer über die verrückten Rheinländer mit ihrem Karneval schimpfen - Halloween heißt hier - zumindest gerade am laufenden Fernseher, dass die vier Damen aus "The View" alle als ehemalige US-Präsidenten verkleidet sind, das ganze Publikum in diversen Kostümen herum sitzt, und dann noch ein Kostümwettbewerb abgehalten wird. Gewonnen hat eine Achterbahn-Fahrgastkabine - vielleicht eine Idee für Köln ;-)...

November-Wetter in San Francisco

Friday, 31. October 2008
Der Oktober ist noch nicht ganz vorbei, da erlebe ich heute ein Wetter, wie ich es in den drei Monaten noch nicht erlebt habe - 14 ° C - bewölkt, und am Nachmittag schien es sich richtig einzuregnen, so wie im November oder März irgendwo mitten in Deutschland.

Es hatte sich in den letzten Tagen schon verändert, die Wolken, die den ganzen Sommer schon über die Stadt gezogen sind, liegen jetzt richtig tief in der Stadt. Hier am Mission-Dolores-Park, der recht hoch liegt, schien man schon fast über den Wolken zu sein, und man konnte das Schauspiel erleben, wie der Nebel richtig in die Innenstadt zog, und sich durch die Wolkenkratzer schleicht, die Spitzen frei, irgendwo zwischen dem 5. und 15. Stock dann Nebel...

Bräune aus der Spraydose



Nicht unbedingt wegen dem Wetter, aber doch irgendwie passend, war ich dann heute bei Tan Bella. Bin in Köln seit Jahren auch regelmäßiger Besucher von Sonnenstudios. Kann man ja drüber streiten, aber ohne das war ich früher ab Mitte Oktober, nach dem der meiste Sommer vorbei war, weiß wie die Wand. Nun denn, Tan Bella ist aber nun kein Solarium, sondern eben der Sommer aus der Spraydose. Ich habe keine Ahnung, ob es das in Deutschland gibt, mit war es neu, und ;-) ich mach ja schon mal verrückte Dinge ;-) .

Wie das geht? Der freundliche Anthony erkläre mir vorher die Körperhaltungen, und es wäre nicht San Francisco, wenn er das nicht so beschrieben hätte, wie er es eben tat: Mit Blick in Richtung der Düsen in "Kleopatra"-Haltung - die Hände zusammen und über den Kopf - oder sagte er Nofretete? Also er meinte zumindest die Haltung wie auf dem Bild. Die Düsen würden dann von unten nach oben sprühen.

Dann zur Seite drehen, Ausfallschritt und in die "Drei-Engel-für-Charlie"-Stellung - damit die Düsen auch an die Innenseite der Beine als auch an die Flanken kommen. Dann einmal drehen und „Drei-Engel“ von der anderen Seite, zum Schluss mit dem Rücken zu den Düsen - wieder in die vermeintlichen Kleopatra-Haltung.

Die Bräunungsdusche selber dauerte dann keine halbe Minute, und es war schon etwas spacezich, in dieser Duschkabine, in der die Düsen eher die Geräusche machen, als ob eine Achterbahn per Pressluft gebremst wird. Sehe zumindest so aus wie nach zwei Wochen Mallorca - bin mal gespannt, wie lang es hält...

...aber so kann man das Wetter gleich besser genießen - und wenn man gerade raus blickt der Regen hat sich auch schon wieder gelegt, bin mal gespannt, ob das nun eher die Ausnahme war, oder das nun auch hier der Anfang vom Winter ist!?!

3 Monate Amerika - spinnt er denn jetzt wirklich, der Amerikaner?

Sunday, 26. October 2008
Es sind nun drei Monate vergangen, dass ich meinen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt habe. Ganz ehrlich, ich habe es noch keinen Tag bereut. Natürlich stellt sich hier gerade in Arbeitssituationen auch der Alltag ein. Aber ich bin nach wie vor ganz weit weg von irgendeinem Trott.

Ich bin selber immer noch überrascht, überhaupt hier zu sein. Hatte in den letzen 20 Jahren immer mal wieder die Idee, ins Ausland zu gehen. Aber selbst in diesem Frühjahr, als alle Formalitäten schon geregelt waren, habe ich lange noch nicht daran geglaubt, das ich das wirklich mache. Und auch heute glaube ich es kaum, dass ich jetzt schon so lange hier bin - und doch auch so kurz.

Erster Rückblick



Was sich sicher vom Leben in Deutschland unterscheidet, oder von einem Leben, das schon lange an einem selben Ort statt findet, ist einfach das ständig Neue. Und damit auch die Herausforderung, die in vielen Kleinigkeiten versteckt. Auf den ersten Blick, und vor allem hier in San Francisco, ist alles sehr europäisch, von daher alles sehr ähnlich.

Das Fernsehprogramm ist fast identisch mit dem Deutschen. Dank der englischen Sprache, die wir in der Schule doch ganz gut lernen, kommt man sprachlich recht weit. Darum beneidet uns sogar der Amerikaner, da hier nur die wenigsten zu Schulzeiten eine Fremdsprache lernen. Er ist deswegen wahrscheinlich auch viel toleranter, wenn man kein perfektes Englisch spricht, da er schon das Gefühl hat, dass eine zweite Sprache auch für ihn sehr sinnvoll wäre!

Der Alltag selber ist ebenfalls vergleichbar. Es gibt einen mehr oder weniger funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr (nicht ganz so gut wie die KVB), ein umfangreiches Freizeitangebot, viele Kinos, auch Programmkinos, jede Menge Cafés und Restaurants, Supermärkte, in denen die Auswahl gerne auch etwas üppiger ist als bei uns und im Großen und Ganzen vergleichbare Infrastrukturen wie bei uns.

Die Produktpalette ist sehr ähnlich wie unsere, die Küchenrolle „Bounty“ heißt hier ebenfalls „Bounty“, aber den Schokoriegel „Bounty“ gibt’s hier auch, Mars und Snickers liegen im Supermarktregal, Milkey-Way gibt es sogar in der Zartbitter-Version (sehr lecker!), Dannone heißt hier nur Dannon, aber Activia-Jogurts werden hier ebenso beworben. Und die Red-Bull-Zeichentrick-Werbung ist genau dieselbe, lediglich in anderer Sprache. Auch Umgangsformen sind weitgehend die Gleichen, man scheint vergleichbare Werte zu haben, was man macht, und was man eher nicht macht, aber es ist alles sehr nahe an – ich möchte nicht verallgemeinern – aber nahe an meinem persönlichen deutschen Alltag.

Die Krux liegt im Detail



Gleich ist es aber nur auf den ersten Blick. Nach den ersten beiden Wochen Urlaub schien alles gleich zu sein, mit dem Eintauchen in den Alltag wird man doch häufig in die Irre geführt und wunderlich überrascht.

Dass man hier mit Dollar statt mit Euro bezahlt, ist nun keine Neuigkeit. Bei Meilen hat der eine oder andere aber sicher schon seine Probleme – wie viel sind denn jetzt 65 Meilen/Stunde Speedlimit (zur Info: es sind knappe 105 km/h). Spätestens wenn man aber vor der Waschmaschine steht, weiß man, dass irgendwie alles anders ist. So wasche ich meine Buntwäsche bei 105° Fahrenheit, DIN-A 4 gibt’s hier nicht, Papierformat ist das Letter-Format. Die Blätter sind etwas kürzer, dafür etwas breiter. Das ist besonders ärgerlich, wenn man PDFs von zu Hause ausdrucken will, da ist einfach das Format nicht ganz passend. Zum Glück kann man diese Dinge am Computer ganz gut einstellen. Ebenfalls gut ist zumindest, dass man alle deutschen Elektrogeräte mit den hier gelieferten 110 Volt betreiben kann. So habe ich einen amerikanischen Adapter, an dem ich eine deutsche Mehrfachsteckdose (die ich mir glücklicher Weise nach Hinweis von Heiko mitgebracht hatte) habe, woran ich dann meine 1000 Ladegeräte anschließen kann.

Aber selbst das Kaufen eines Lochers stellte mich vor unerwartete Aufgaben. Die Löcher von amerikanischen Lochern sind etwas größer, dafür aber etwas näher zusammen - wenn man die Löcher für Zwei-Stab-Ordner vergleicht. Der Standardordner hat aber eher drei Stangen, für die es dann wieder andre Locher gibt. So habe ich keinen Locher für meine mitgebrachten Ordner gefunden – und nach wochenlanger Suche mich für die Anschaffung eines amerikanischen Ordners entschieden.

Schaut man bei Lebensmitteln auf die Kalorienangaben, ist man erst mal völlig irritiert. Nicht wie bei uns, wo man die Angaben in der Regel auf 100mg oder 100ml bezogen findet, bezieht man hier die Kalorien auf eine sogenannte „Serving Size“, also auf eine Servier-Einheit. Mein Müsli gibt die Kalorien also bezogen auf eine Menge von einer ¾ Cup bzw. 32g an, was den Vergleich zum nächsten Müsli scheinbar unmöglich macht. Was aber so nicht stimmt, mit war nicht klar, das eine Cup, also eine Tasse, nicht eine willkürliche Größe ist, sondern eine offizielle Maßeinheit und damit ein knapper viertel Liter ist. Aber Liter gibt’s hier eigentlich auch nicht, hier gibt’s Gallonen. Vor allem tankt man hier in Gallonen, was dann pro Gallone um die 4 Dollar kostet. Hört sich viel an. Eine Gallone ist aber knapp 3,8 Liter, was dann beim aktuellen Euro-Kurs weniger als ein Euro pro Liter ist… nun denn, auch nicht schlecht ;-) .

Solche Unterschiede scheinen sich durch alle Bereiche zu ziehen. Und oft ist es eben nicht nur eine andere Einheit, sondern auch eine andere Basis, die man zugrunde legt. So geht es bei der Light-Variante von Bier nicht darum, weniger Alkohol im Bier zu haben, sondern um eine Kalorienreduktion.

Kein besser oder schlechter – einfach nur anders



Ich kenne es von mir selber, dass man den Amerikaner schnell in einer Schublade hat. „Der hat kein Klimabewusstsein, lebt sein Leben im Auto und isst nur Fastfood.“ Mir ist schon klar, dass der Kalifornier, oder der San-Franciscoianer (wie sagt man eigentlich?) nicht der typische Amerikaner ist. Aber hier findet man in vielen Bereichen genau das Gegenteil von dem, was man glaubt, wie der US-Bürger vermeintlich ist.

Hier gibt es jede Menge Bioläden, auch Bio-Supermärkte, auch viele Restaurants legen Wert auf eine hochwertige Küche, beziehen ihre Produkte aus der Region oder achten auf eine adäquate Tierhaltung. San Francisco hat ein vergleichbares Mülltrennungssystem wie Köln. Blaue Tonne für Papier, Glas, Dosen und Großteil von Plastik, Grüne Tonne für Pizza-Schachteln und Biomüll, die schwarze dann für den Restmüll. Die bleibt hier im Hause aber meistens komplett leer. Und man hat keine öffentlichen Sammelstellen für Glas, das geht mit in die Tonne am Haus.

Beim Besuch von Las Vegas habe ich natürlich vehemente Klimaanlagen erlebt, die bei uns ja gerne mal im Verruf sind. Aber Hand aufs Herz, hätten wir im Sommer durchgehend über 40 ° Celsius – was in Fahrenheit an die 110° geht - hätten wir die auch - und auch die Grünen. Das sind dann schon die Sichtweisen, die man einfach nicht durch deutsche Augen einnehmen darf, sondern auch die lokalen Gegebenheiten betrachten muss.

Gerade läuft im Fernseher eine Werbung für energiesparende Geräte – also, auch das gibt’s hier! Und in einem der Präsidenten-Duelle wurde auch klar, das sich zumindest Obama, also die Demokraten sich sehr wohl über alternative Energien Gedanken machen, und sich nicht nur die weltweiten Erdölvorrate unter den Nagel reißen wollen.

Varianten im „Wie man was macht“



So wie es unterschiedliche Einheiten gibt, so gibt es auch Unterschiede in dem, wie man was macht. Die Abläufe, weiß gar nicht wie ich das nennen soll, im Miteinander sind nicht deutlich, aber gerne mal einen Hauch anders.

Völlig selbstverständlich ist, dass man im Restaurant die Rechnung mit 15% Trinkgeld begleicht. Da gibt’s auf keine Vertun. Ich erlebe schon mal Deutsche, die mit der reduzierten Höhe des Trinkgelds ihre Unzufriedenheit ausdrücken wollen - aber das geht nicht. Damit werden ungeschriebene Gesetze gebrochen. Wie genau das Gehalt der Leute von diesem Trinkgeld abhängt, ist mir nicht ganz klar, aber das werde ich auch noch heraus finden.

Anders ist es an der Theke – 15% sind dort üblich, wo Service am Tisch passiert. Sitzt man am Tresen, sind nicht zwingend die ganzen 15% üblich (habe verschiedene Amerikaner befragt), man sieht aber am Rückgabeverhalten des Kellners, welche Höhe von TIP er erwartet. Ein normales Bier (schätze mal, irgendwas um die 350 ml) kostet hier zwischen 4,25 und 5 Dollar. Gerade bei einem Preis von 4,50 bekommt man auf 10 Dollar dann meistens die 5 Dollar in Ein-Dollar-Scheine wieder, was ganz klar die Ansage ist: Ein Dollar davon geht zurück an den Kellner!

Aber auch anders als bei uns sagt man nicht „Stimmt so“ oder „mach fünf“, sondern man bekommt das Rückgeld, legt das TIP vor sich, und das bleibt auch meistens liegen, bis man den Laden verlässt. Es scheint so zu sein, dass es genauso unhöflich, wie es wäre, kein TIP zu geben, wenn der Kellner den TIP sofort einsacken würde.

Beim Essen-Gehen selber erlebe ich es aber auch als entspannter. Selbst wenn man in etwas teurere Lokale geht, ist der Service nicht von festen Regeln bestimmt. Wenn der Kellner an den Tisch kommt und den Wein serviert, dann stehen die Gläser auf der Seite, aus der er eben kam. Hier spielt es keine Rolle, dass jeder sein Glas an der vorgeschriebenen Stelle haben muss. Das macht es wirklich etwas relaxter.

Wasser bis zum Abwinken


Ach ja, was richtig cool ist, dass es hier überall Wasser gibt – und das für umsonst, und mit Nachschub ohne Ende. Das steht als ersten auf dem Tisch, und selbst in Museen oder Kinos gibt’s immer einen Ort, an dem man sich umsonst mit Wasser bedienen kann. Immer gekühlt. Und vor allem kein mürrischer Kellner, wenn man um eine Glas Leitungswasser zum Wein bittet. Kostenloses Wasser ist hier Standard. Hier könnte sich die deutsche Gastronomie wirklich eine Scheibe von abschneiden…

Soweit, so gut. Wie man sieht, alles gleich, und doch alles anders. Und auch wenn es mal wieder ein langer Roman ist, es gibt noch viele andere Bereiche, die ich hier aufzählen könnte. Nun denn – aber vielleicht macht das deutlich, dass es auch noch nach drei Monaten immer noch alles wie neu ist.

In zwei Monaten sitze ich auf Groß-Scherkenbach beim Weihnachtsbraten…

Bin schon sehr gespannt, wie ich die Dinge sehen werde, wenn ich wieder in einem deutschen Supermarkt stehe ;-)

Über Grüterich und Groß-Scherkenbach

Thursday, 23. October 2008
GrossScherkenbachBlankoBueschel, FutureCard, MindBrokerKg, FutureGame, TwentyFirstCentury, LunarSteigenberger, TaxiDriver, CityOfDresden, FutureMap, FutureLaw, BayArea, GrossScherkenbach, MindPost, FaceBook, LinkedIn, XingLe, FrankFurt, StadtBerlin, AtlanticOcean, SanFrancisco

Ich komme nicht zum Schreiben, ist auch etwas ruhiger gerade. Ein Mensch aus Dresden hat sich aber kürzlich Gedanken über die Zukunft gemacht ;-) - Der Mann auf dem Video ist Rainer - kenne ich nun 30 Jahre - bin mit ihm zur Schule gegangen.

Wer nicht aus dem Bergischen ist, dem wird Groß-Scherkenbach nichts sagen - das ist der Ort, in dem ich aufgewachsen bin. Aber nicht lachen - es gibt auch Orte, die heißen Grüterich - da kommt dann Rainer her ;-) .

Zwischen unendlichen Weiten und völliger Reizüberflutung

Saturday, 18. October 2008
...oder 96 Stunden mit vielen Worten - ein verlängertes Wochenende...

Wetter kann so unterschiedlich sein...



Ich bin zwar derweil richtig im Arbeitsmodus angekommen, aber Heiko aus Hamburg - der als er hörte, dass ich länger in San Francisco sein werde, hatte fast vor mit den Flug gebucht, um mich zu besuchen - ist seit über einer Woche im Lande. Er hat Familie in Reno/Nevada, so verschlug es mich letztes Wochenende ins Landesinnere!

Die E-Mails von Heiko (der seit ein paar Tagen in Reno bei Tante und Onkel war), ich solle bei der Autovermietung nach Schneeketten fragen, hat mich zwar erreicht, habe aber die Botschaft nicht verstanden. Seit Wochen höre ich aus L.A., dass das Wetter dort viel besser ist als hier in San Francisco. Von daher war mir klar, dass ich im kältesten Ort der Staaten bin. Ich habe mich eher darüber geärgert, dass kein Platz mehr für meine FlipFlops im Rucksack war.

Nun denn, der Weg nach Reno führt allerdings durch die Sierra Nevada, dort über den Donnerpass - mit 2200 Metern doch recht hoch - und auf dem Weg hinauf jede Menge Seitenstreifen, um Schneeketten anlegen zu können. Ups - habe mehrfach die Hand aus dem Fenster gehalten, und es waren gefühlte 2° C - und wie ich später erfahren habe, hatte dort morgens noch Schnee gelegen - das Glück war erfreulicher Weise auf meiner Seite!


Mehr Klischee geht nicht ;-)



In Reno angekommen, wurde ich erst mal von Heikos Tante mit einem asiatisch zubereiteten Tunfisch versorgt. Lecker. Die Frage, ob wir nach Reno rein fahren, um dort entweder ein Begrüßungsgetränk zu uns zu nehmen oder ins Spielcasino fahren um etwas zu gambeln, war schnell beantwortet; ich hatte Heiko schon länger nicht mehr gesehen. So saßen wir kurze Zeit später in einer Gay-Bar, und tranken unser erstes Bier. Und klischeehafter geht es kaum. Reno hat ganz im Gegensatz zu San Francisco eine schwule Infrastruktur, wie die von Remscheid oder Gummersbach - und der schwule Mann läuft hier tatsächlich im Karo-Hemd und mit Cowboy-Hut auf. Man bekommt das Gefühl, das der Brokeback Mountain direkt um die Ecke ist!

Mein erstes amerikanische Footballspiel



Am Samstag habe ich also mein erstes Football-Spiel gesehen. Ehrlich gesagt, ich habe in Deutschland noch nie ein Fußballspiel in einem Stadion gesehen. Aber Amerika heißt für mich gerade auch, einfach mal verrückt sein und ganz wilde Dinge machen. Dank Freikarten von Lani, die Ehefrau von Heikos Cousin Illya, sitzen wir um 13:00 im Stadion. Es spielen die Nevada Wolf Pack's gegen irgendeine mexikanische Mannschaft.

Heiko kann mir auch nicht erklären, worum es hier geht, welche Yards gemacht werden müssen und so weiter - und ich habe ebenfalls keine Ahnung. Ich kann nur sagen: Es sieht einfach gut aus, die Jungs hocken entweder wie in der Startposition zum 100-Meterlauf gegenüber, stehen eher gelangweilt im Kreis und scheinen ein Schwätzchen zu halten oder schmeißen sich mit dem Gegner auf eine großen Haufen, um irgendwie in Besitz des Football-Eis zu gelangen. Für die reine Spielzeit von einer Stunde brauchen sie fast vier Stunden - und wir gehen gut unterhalten und ebenfalls gut durchgefroren um kurz vor fünf aus dem Stadion - leider hat der Gastgeber verloren...

Im Anschluss gehen wir mit Lani, Illya und deren Sohn Alden Bowling spielen, mit Heiko geht‘s später noch zum Mexikaner, und wir beenden den Tag mit ein wenig Geldverschwendung im Peppermint-Spielcasino. Ich werde in einer guten Stunde rund 30 Dollar los. Ach, was kostet das Leben...

Virginia City



Am Sonntag geht‘s weiter im strammen Programm. Nach einem gemeinsamen Frühstück im PJ's und Co mit Heikos ganzer Familie führt uns die Autofahrt in die Berge. Virginia City ist der Versuch, dem Tourist zu zeigen, wie der Wilde Westen von 50, 75 oder 100 Jahren aussah. Na ja, erinnert alles irgendwie ans Phantasialand, man kann sich auch hier in Western-Klamotten steigen und sich in einer Zinkwanne ablichten lassen, die Fotos werden dann auf alt getrimmt abgezogen - will gar nicht wissen, wie teuer das ist.

Was aber einfach gigantisch ist, ist der endlose Blick von diesem Bergdorf über Hügel, Sträucher, Bäume und sonst nix. Nix! Ich schätze, man kann hier sicher 30 KM oder weiter sehen, und es ist ein Blick, den man in Deutschland nicht erleben kann. Hier gibt‘s soweit das Auge reicht keine Häuser, keine bewirtschafteten Felder - einfach nur Weite!

Beeindruckend ist auch der mehrere hundert Jahre alte Friedhof. Neben stolzen Engelstatuen ist hier jedoch das bevorzugte Baumaterial schlichter Beton, neben Gräbern, die unsern in Deutschland ähneln, sieht man auch solche, bei denen einfach das Material genommen wurde, was verfügbar war. Ein ungeschriebenes Gesetz, wie ein Grab auszusehen hat, ist hier eher nicht zu erahnen.

Lake Tahoe



Die Autofahrt führt und weiter zum Lake Tahoe. Der auf fast 1900 Meter hoch gelegene See, komplett von Bergen umgeben, ist einfach nur der Hammer. Riesig groß und glasklar!

Auch wenn es sich geschwollen anhören mag: Ich erlebe das ganze als absoluten Luxus. Ich komme mal eben vom anderen Ende der Welt, wohne hier eine Weile, die Arbeit kommt sogar hinter mir her, und ich darf dieses Stück Natur erleben. Andere Menschen auf diesem Erdball werden nicht satt oder haben nicht die geringste Chance auf ein Stück Bildung... Ich erlebe das wirklich als ein besonderes Privileg. Und bin tief beeindruckt.

Am Abend haben wir auf der einen Seite den Sonnenuntergang, auf der anderen den aufgehenden Vollmond - es ist schon sehr imposant. Essen noch einen original amerikanischen Hamburger (nicht diesen McDonalds-Dreck) und am Abend suche ich aus den ersten 500 Bildern von insgesamt fast 1000, die ich in den vier Tagen mache, ein paar raus, die einen kleinen Eindruck vermitteln könnten… Echt keine leichte Aufgabe.

Eine ganz normale amerikanische Familie



Ganz nebenbei bekomme ich den Alltag von Heikos Familie mit. Tante Regine und Onkel Uwe sind beide über 50 Jahre hier. Meine Frage, ob sie je überlegt haben, wieder nach Deutschland zu gehen, wurde mit einem müden Lächeln abgetan. Das sind die ersten Deutschen, die ich treffe, die hier richtig angekommen sind. Und die beiden sind Engel - ich werde wie ein eigener Sohn versorgt, meine Bemühungen, meinen Anteil am Brunch am Samstag oder am sonntäglichen Frühstück zu begleichen, scheitern kläglich.

Es ist super entspannt. Wir unterhalten uns über Amerika, ihre vielen Umzüge, etwas über Politik. Im Gegensatz zu San Francisco, wo man ausschließlich Schilder sieht, die den Wunsch nach Barack Obama als Präsidenten bekunden, sind hier auch solche zu finden, welche die Sympathie mit John McCain und Sarah Palin zeigen. Ich stelle mir nur vor, wie es im Bergischen wäre, wenn in den Vorgärten CDU oder SPD-Schilder stünden, und wie sich der eine fühlen muss, der das DieGrünen- oder das PDS-Schild raus stellt.

Abgesehen davon erlebe ich hier wirklich eine generationsübergreifende Offenheit, wie ich sie in Deutschland nicht kenne. Oder die ich einfach nur anders erlebe, weil meine Augen hier viel offener sind... Ich weiß es nicht.

Bodie Geisterstadt



Am Montagmorgen ist frühes Aufstehen angesagt. Da wir einige Kilometer vor uns haben, sitzen wir bereits um halb acht am Frühstückstisch - und die Brote sind bereits für uns geschmiert - das hab ich schon lange nicht mehr erlebt. Ein paar Stunden später sind wir in Bodie. Bodie ist eine Geisterstadt in den Bergen der Sierra Nevada, irgendwo im Nichts zwischen Nevada und Kalifornien. Hier wurde von 150 Jahren nach Gold gegraben, und zu Hochzeiten haben in dem Ort 10.000 Menschen gelebt. Aus den Broschüren bekommt man eine Ahnung, dass hier sehr dunkle Geschichten passiert sind, was genau, lässt sich auf die Schnelle nicht feststellen.

In den 30er Jahren ist der Ort dann verlassen worden. Die Leute sind einfach gegangen, und blickt man durch die Fenster, sieht man noch die aktuelle Tageszeitung oder ein paar alte Schuhe. Oder im Saloon stehen noch die Bierflaschen auf dem Tresen (wobei man hier sicherlich etwas nach geholfen hat). Es stehen noch 170 Gebäude auf dem Gelände, man renoviert die Häuser nicht, bewahrt sie aber vor dem Verfall, sodass man noch lange diesen Ort besuchen kann. Bei Sonnenschein und Schnee an den Wegrändern ist auch dieser Ort etwas ganz einmaliges.

Mono Lake



Eher zufällig auf dem weitern Weg zum Yosemite National Park kommen wir am Mono Lake vorbei. Hier fließen mehrere Flüsse rein, aber keiner raus. Das Wasser verdunstet einfach, was zu einem höheren Salzgehalt als in den Meeren führt, und dadurch nur ganz bestimmte Lebensformen zulässt. Der Geruch ist etwas merkwürdig, das Blau des Sees aber der Hammer.

Am Mono-Lake vorbei führt eine Straße, die ewig gerade aus geht. Der See ist 23 KM lang, von daher wird die Straße ähnlich lang sein. Das ist Amerika, wie ich es mir vorgestellt habe. Mal wieder endlose Weiten, keinen Grund, irgendwo ein Kurve einzubauen, alles etwas Mondlandschaft-ähnlich - Hammer!

Yosemite National Park



Nach dem kurzen Stopp am Mono Lake geht's nun aus östlicher Richtung in den Yosemite National Park. Der Tioga-Pass, der zwei Tage zuvor noch wegen Schnee gesperrt war, ist wieder frei und führt uns auf über 3000 Meter Höhe. Felsen, Tannen - nein, Riesenmamutbäume, oder Sequoioiden, wie wir später lesen, Bäche und der Rest Schnee verleihen das Gefühl, dass der Mann aus den Bergen gleich um die Ecke kommt.

Wir brauchen ein paar Stunden, um den Park zu durchqueren, nach Einbruch der Dunkelheit suchen wir uns eine Unterkunft - essen dort zu Abend - die Preise sind gesalzen, dafür ist das Essen dann auch weniger gut. Man merkt, dass sie nicht auf Stammkunden angewiesen sind. Hier kommen eben Leute wie wir, bleiben eine Nacht, fahren danach in den Park, und werden dann wahrscheinlich, wenn überhaupt, erst Jahre später wieder gesehen.

Yosemite Village



Am Dienstagmorgen geht es in das Herz des Yosemite Parks. Anders als am Vortag, an dem wir uns oben auf den Bergen bewegt haben, fahren wir nun in das Tal. Es ist einfach nur der Hammer, wir halten alle 100 Meter an, um wieder einen neuen Eindruck digital fest zu halten. Und da sind wir nicht alleine. Auf einer Brücke über einem Fluss, in dem sich die ganze Felsenpracht spiegelt, stehen 10, 15 Hobbyfotografen. Ich selber habe bei der Anschaffung meiner Canon nicht gerade geknausert, aber hier kommt man sich schon kläglich vor. Der Amerikaner hat vor allem ein Stativ bei sich, und zum ersten Mal sehe ich einen Mann, der direkt mit zwei Kameras und gigantischen Objektiven dort steht.

Unser Fußmarsch zum Yosemite Wasserfall ist leider nicht mit Erfolg gekrönt - hier ist kein Wasser, und man bekommt nur eine Ahnung, wie das aussieht, wenn der Winter vorbei ist, und die Schneeschmelze beginnt. Am anderen Ende des Tals steigen wir aber bis zur Brücke des Vernal Falls auf, sehen diesen aus der Entfernung, und werden für den anderen leeren Wasserfall entschädigt.

Langsam leide ich an Reizüberflutung. Mich zieht es allmählich nach San Francisco zurück, nicht zuletzt, weil ich die Abnahme meiner Arbeit für den WDR erwarte, und sicher noch ein paar Tage Anpassungen vor mir habe.

Wir verlassen den Park gegen 16:00. Nach San Francisco sind es gute 300 Kilometer. Und die erste Hälfte der Autofahrt ist dann wieder Amerika, wie ich es mir vorstelle - gelb-dörre Grasfelder, Hügel, mal ein paar Bäume, ganz vereinzelt mal ein Wohnwagen, aber sonst endlose Weiten. Auf dem Freeway heißen die Abfahrten dann auch einfach nur "Tulloch Dam Rd", da hier kein Ort ist, in den man fährt, sondern einfach nur eine einzelne Straße, und die Nachbarn sind hier sicher gerne mal 5 Meilen weiter weg.

Zurück in San Francisco



Die zweite Hälfte der Autofahrt ist dann ganz anders. Hier beginnen die Städte - die Bay Area hat uns wieder, und über 100 Kilometer vor San Francisco gibt es kaum noch Lücken in der Besiedelung. Und ich freue mich auf die Stadt.

Ohne auf eine Karte gucken zu müssen, finde ich auf dem direkten Weg zu meiner Wohnung und zu Heikos Motel. Ich merke, dass dies schon ein keines Stück Heimat geworden ist. Ich bin ganz aufgeregt, dass ich meinem Besuch sogar die eine oder andere Geschichte über die Stadt und die Straßen, durch die wir fahren, erzählen kann.

Und bin glücklich, wieder da zu sein. Gehe am späten Abend noch auf ein Bier in meine Stammkneipe, um über die Eindrücke der letzen Tage noch etwas zu sinnieren. Treffe Michael, David und sehe noch andere bekannte Gesichter... ach, mir geht‘s doch einfach nur gut! Und bin immer noch tief beeindruck von diesen wunderschönen Tagen!