Köln im Schnee - und das große Hadern

...nun, zum Glück habe ich beim letzen mal nur eine kurze Schreibpause versprochen - so hab ich nun kein völlig schlechtes Gewissen, mich heute schon wieder zu melden - und das nach nur zwei Wochen in Köln...

Danke an dieser Stelle für die zahlreichen Kommentare – ich habe mich sehr darüber gefreut - sowohl von den Bekannten als auch von unbekannten Schreibern. Mit dem Bloggen scheint zu SMS, Skype, Twitter, Facebock, XING usw. wirklich eine neue Kommunikationsform dazu gekommen zu sein - die mir nach einer Woche Abstinenz fast schon fehlte...


Das Schlag-auf-Schlag der Unternehmungen von Anfang Dezember scheint sich gerade fort zu setzen. Nach den ersten Tagen zu Weihnachten mit der Familie bin ich jetzt in Köln und so gut wie jeden Abend verplant. Kino oder Sport sind aktuell gar nicht drin. Fast täglich treffe ich Freunde, gehe oft vom WDR direkt, keine Ruhe, noch mal nach Hause zu gehen, ohne Pause zur abendlichen Verabredung. Den Berg der Termine finde ich mitunter ein wenig bedrückend, finde es aber auch gut, die Gelegenheit jetzt auch beim Schopf zu packen und viele Leute zu treffen. Die Sprüche der letzen Jahre "ich muss unbedingt mal vorbei kommen" verhallen gerade nicht, sondern es wird ein Termin gesucht, und man trifft sich! Die begrenzte Zeit in Deutschland hat eben auch positive Effekte!

Zehn Tage hat es gedauert, bis ich mein Jetlag richtig verdaut hatte, obwohl als Pfleger Nachtdienst-geprüft, scheine ich die Umstellung gerade nicht so gut zu verkraften wie noch vor 10 Jahren im Wechseldienst. Nun denn, es droht ja auch die große 4 mit der bösen Null dahinter, und auch an mir scheint das Alter nicht spurlos vorbei zu gehen, was mir viele Umstehende als bekanntes Phänomen bestätigen... Dank der gefüllten Zeit laufe ich scheinbar aber nicht Gefahr, über den Eintritt in die nächste Dekade ins Grübeln zu geraten - na ja, Dinge zum Grübeln habe ich jedoch gerade reichlich!

Was mich am allermeisten verwundert, dass mir die Zeit in San Francisco wie ein Wimpernschlag vor kommt und es sich leider ganz weit weg anfühlt. Tagelang habe ich meine Bilder sortiert, und sollte eigentlich viele Gründe zur Wehmut haben. Nichts. Ich bin hier, als ob ich nicht weg gewesen wäre... Alles so vertraut, auf dem Weg zu meinem ersten temporären Domizil bin ich mit dem Fahrrad meine alte Inline-Strecke gefahren und merkte, ich kenne hier wirklich jede Bodenkachel, weiß genau, welchen Hubbel zur Verkehrsberuhigung ich an welcher Stelle umfahre kann um so das Tempo nicht drosseln zu müssen.

Wenig Wehmut wegen San Francisco, wenig Gefühlsduselei aber auch zu Köln. Ich bewege mich in der Stadt wie im Schlaf, 17 Jahre in der Stadt ziehen eine gewisse Vertrautheit nach sich, die letzen sechs sogar ohne Umzug, laufe ich rund um den Rudolfplatz, als ob ich nie weg gewesen wäre. Tanja meinte irgendwann mal, dass sie bei Heimatbesuchen das Gefühl hat, zu Hause bleibt die Welt stehen – dieses Gefühl habe ich nicht. Direkt nach meiner Ankunft sah ich, das Musical-Zelt am Dom ist geputzt und wieder blau (der Ruß der Stadt macht es schnell irgendwie dreckig-grau), an der Severinsbrücke führt am neuen Microsoft-Gebäude nun eine Treffe hoch auf die Brücke; ein Büro-Gebäude an der Pipinstraße, dass vor einem halben Jahr noch eine Baugrube war, wird schon mit Außenverkleidung versehen, und die Kranenhäuser in den neuen Rheinauhafen sind fast ohne Einrüstung zu sehen... Die Stadt hat weiter gelebt.

Überlegungen – es ist ein Hin und Her



Meine Gedankenwelt ist hingegen noch viel beschäftigter als ich als Person mit den ganzen Terminen und Besuchen. Mir geht Köln nicht auf den Nerv, es begeistert mich aktuell aber auch nicht. Ich freu mich, Freunde zu treffen, Köln selber scheint allerdings ein wenig vorbei zu sein. Ich fand es immer gut, und jetzt ist eben vorbei. Ich quäl mich hier nicht, es kann wiederum gut sein, dass ich in einem halben Jahr nirgendwo anders leben möchte als in Köln. Aktuell ist es eher ein Nicht-Gefühl.

Ich war heute das erste Mal - eher aus organisatorischen Gründen – im Haus in dem meine Wohnung ist (jedoch nicht in der Wohnung selber, meine Untermieterin war nicht da). Mich hat absolut keine Wehmut gepackt. Irgendwie gut, dass man nicht an vergangenem klebt - aber auch schade, dass das Gefühl so schnell verschwindet. Mag vielleicht auch eine Nebenwirkung des Alters und der damit vermeintlichen Gelassenheit sein - diese hat sich allerdings bei mir noch nicht gemeldet, bin mitunter sehr angespannt.

Ich laufe mit dem Fotoapparat in der Hand durch Köln. Das ist wiederum schön, da ich die Stadt auf einmal wieder an gucke. Und genauso viele Bilder, die ich von der Golden Gate Bridge habe, könnte ich auch nun vom Dom machen. Der Abstand zur Stadt hat eben auch hier positive Seiten. Und es passieren schon viele Kleinigkeiten, die mir ein Schmunzeln auf die Lippen bringen. Der Putzmann beim WDR - schätzungsweise osteuropäischer Herkunft und um die 60 wischte um mich herum, da ich um 19:00 noch im Büro saß. Er leerte meinen Mülleimer, guckte mich an und meinte - sonst ist kaum ein 'n Abend wahr zu nehmen - "Sie waren aber lange nicht mehr hier". Es ist also aufgefallen, dass ich nicht da war! Zumindest im Rückblick ;-) .

Oder heute morgen an der Bahn, als der Straßenbahnfahrer auf eine heran laufende ältere Frau wartete und die bereits geschlossenen Türen wieder öffnete. Ich dachte mir: Wie schön, es gibt bei der KVB also doch auch Menschen mit guten Umgangsformen, was in San Francisco völlig üblich ist, hier wird keinem Fahrgast die Tür vor der Nase zu geschlagen...
Oder meine Nachbarin Roswita (im Rentenalter), die mir heute sagte, ja, mach das, geh in die Welt, genieße es, guck Dir so viel an wie Du kannst, wenn sie nochmal jung wäre, sie würde das genau so machen, auf Kinder und Partner verzichten. Ein ganz tiefes Gefühl von "Das Leben ist so schnell vorbei gerannt" drückte Sie aus, und gab mir den ernsten Rat, alles mit zu nehmen, was geht!

Ach, fast völlig vergessen, was ich absolut genieße ist ein 100% funktionierendes Netzwerk hier in Köln. Nur ein Telefonat reicht, um eine Unterkunft zu haben, oder ein Auto, oder, oder... Fünf Monate Fern sein ändern nichts an einer Vertrautheit, klar, das Leben geht für alle weiter und alle entwickeln sich weiter, aber ich habe das ganz tiefe Gefühl, dass hier alleine der Freunde wegen immer ein Stück Heimat bleiben wird.

Ich schreibe und schreibe und schreibe und komme zu keinem Punkt. So geht es mir gerade. Ein ständiges Hadern mit allen Dingen. Will ich jetzt hier sein oder dort? Ein kleines Zwischenergebnis der Gedanken ist derweil gefasst: Wenn ich wieder in San Francisco bin, werde ich mir ein Zimmer suchen, dass ich mir auch für länger Zeit einrichte, egal, auch wenn ich nach einem halben Jahr wieder abreise. Aber es fehlt gerade wirklich ein zu Hause. In den Staaten bin ich gerade ohne Wohnung, hier auch nur mit Behelfslösungen untergebracht - ich schätze die Gastfreundschaft meiner Freunde sehr - aber es fehlt mir gerade ein wenig die eigene Tür, die ich hinter mir zu machen kann, und dann den guten Mann einfach einen guten Mann sein lassen kann.

Die Zeit rennt - nur noch 4 1/2 Wochen bis zum Rückflug



Langsam fange ich an, nach Jobs in Amerika zu gucken. Was ich lange Zeit umgangen habe, passiert langsam wieder von alleine, wie ich es von mir auch eher kenne (als Selbständiger habe ich selten das Problem gehabt, mich motivieren zu können - neige eher zum zu viel arbeiten). Das heißt, beim nächsten Aufenthalt muss ich dort arbeiten, sonst ist das für die Katz. Wenn ich frei spinnen darf - am liebsten würde ich bei Google arbeiten, und dort in der Abteilung, die ganz eng mit Deutschland zusammen arbeitet. So könnte mir Google auch dreimal im Jahr den Flieger in die Heimat finanzieren... Oder, habe mich gestern auf einen Job als Übersetzer für Werbeanzeigen in einer Netzwerkfirma beworben. Deutscher, bzw. Nativ Speaker ähm, Muttersprachler zu sein ist eben auch ein Einstellungskriterium. Könnte mir gut vorstellen, auch solche Jobs zu machen und etwas fachfremd zu arbeiten. Wie auch immer, es wird was kommen, und ohne die konkrete Situation zu kennen, bin ich absolut zuversichtlich, dass sich was findet wird...

Immer mehr kommt mir in den Kopf, ich sollte meine Halbjahres-Planungsvariante verlängern und vielleicht über zwei Jahres-Zeiträume planen. Macht in vieler Hinsicht Sinn, vor allem strengt es mich gerade an, und alle sechs Monate Grundsatzentscheidungen zu treffen, kann man vielleicht durch andere Planungsansätze umgehen. Aber auch darüber denke ich morgen vielleicht schon wieder ganz anders nach.

Und und und. Wenig Reisebericht heute, viel unausgegorene Gedanken, wer es bis hier her geschafft hat, bei dem bedanke ich mich. Gehört für mich persönlich aber auch dazu. Nun denn, in absehbarer Zeit wird es auch wieder Zeilen aus der Ferne geben...

Noch ein letztes "Ach Ja": Köln liegt gerade im Schnee. In Köln schneit es jeden Winter, das ist nichts Außergewöhnliches. Die Regel ist aber eher, drei Schnellflocken fallen, absolutes Verkehrschaos kommt auf und nach vier Stunden ist alles wieder weg. Diesmal anders. In der Nacht zum Montag hat es bestimmt 10-15 cm geschneit, dann ist es richtig kalt geworden, und seit vier Tagen liegt hier dauerhaft Schnee, viele Gehwege sind gefährlich vereist... Meine Temperaturanzeige zeigt 11°C in San Francisco und Sonnenschein an - auch der Dollar-Kurs sieht gut aus... es gäb also auch gute Gründe, auch heute wieder zurück zu fliegen ;-) nun denn, ich genieße die Zeit in Köln, und freu mich auf San Francisco!

Die Fotos sind alle vom letzten Wochenende, die ersten beiden vom Aachener Weiher… ja, zugefroren! Auch nicht so häufig ;-)


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