Rückblick in Kurzfassung – und eine kleine Schreibpause

Ich habe zwar ein Resümee angekündigt, merke allerdings, wie schwer mir es fällt, gerade einen klaren Gedanken zu fassen. Gerade nach dem Besuch von Matthias und Matthias, während dem wie extrem viel unternommen haben, fühlte ich mich fast etwas überfordert von den unterschiedlichen Eindrücken und der extrem schönen gemeinsamen Zeit. Erkältungsmäßig angeschlagen war mir in der letzen Woche in San Francisco nur noch nach Entspannung, hatte nach Ewigkeiten das kleine japanische Wellnessbad Kabuki gefunden um einfach etwas zur Ruhe zu kommen, trotzdem waren die letzen Tag in der Stadt verplant mit Terminen und Treffen mit Freunden.

Jetzt bin ich hier in Deutschland, fühle mich leer, komme mir vor, als ob ich kaum 14 Tage weg war. Nach drei Tagen mit der Familie kehrt sehr schnell wieder viel Alltägliches ein, die ersten Begegnungen mit Freunden zeigen ebenfalls dieses „Du bist doch gerade erst gefahren“-Gefühl. Was ich spüre, ein „Erzähl mal, wie es war“ funktioniert nicht. Ich freue mich über ganz viele Begrüßungen, ganz verbundene Freunde. Und dann falle ich fast in ein Schweigen, da ich weder weiß, wo ich anfangen soll, weiß nicht, wie ich es beschreiben kann, was mich beeindruckt hat. Es fühlt sich schon nicht mehr gegenwärtig an, ich habe das Gefühl, wenn ich davon erzähle, dass ich dann Geschichten erzähle, die ich auch selber irgendwo hätte lesen können. Die Zeit in San Francisco fühlt sich von hier aus, im Haus von Birgit und Thomas irgendwo in Porz, ganz weit weg an.

Kleiner Kurzabriss


Im Groben – was ist anders? Deutschland ist wie geleckt! Es ist sauber, die Straßen sind alle tiptop-gepflegt. In Amerika (sprich, San Francisco, das ist mein Horizont dort drüben, über den ich schreiben kann) sind die Straßen, weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll – nicht kaputt, aber sehr stümperhaft gebaut. Vielleicht ist das auch ein Grund für die 110 h/km Höchstgeschwindigkeit, mehr wäre wahrscheinlich fatal und würde zu Unfällen oder Reifenpannen aufgrund der schlechten Fahrbahnen führen. In der Stadt (abgesehen von den Hügeln) wäre man als Inline-Skater auf jeden Fall verloren.

Die Menge der Penner bzw. Homeless-People ist immens, habe die Tage in Köln auch ein paar wenige gesehen, auch manche ziemlich abgewrackt, aber hier sind es Vereinzelte, dort kann man sich das Straßenbild ohne kaum vorstellen.

In der Straßenbahn hier in Köln schwebt man fast wie im ICE von A nach B – in San Francisco wird man egal ob von Bussen oder Bahnen kräftig durchgerüttelt – letze Woche erzählt mir noch irgendwer, dass er in einem Bus in San Francisco unterwegs war, in dem fast alle Leute vorzeitig ausgestiegen und nicht bis an ihr Fahrziel gekommen sind, da die Busfahrerin wohl in einem solchen Tempo die Hügel rauf und runter fuhr, entweder betrunken, wahrscheinlich eher zugedröhnt war und einen angsteinflößenden Fahrstil hatte.

Die Menschen auf der Straße sehen anders aus. OK – Köln ist jetzt nicht das provinzielle Dorf, wie es mir nach 17 Jahren Vertrautheit oft vorgekommen ist. Klar, Türken oder andere Südländer gab es schon immer, aber die Menge der Schwarzen und Asiaten (also, dem optisch sichtbaren Multi-Kulti-Volk) scheint in den letzen Jahren zugenommen zu haben. Der Mix in San Francisco ist wesentlich extremer. Was hier der Türke ist, ist dort der Mexikaner, der meist etwas kleiner und vom Körper tendenziell etwas gedrungener ist. Im Mission-District, in dessen Nähe ich gewohnt habe, kann man auch ausschließlich mit Spanisch überleben. Abgesehen von dieser eher Mono-Kultischen Gegend, oder wie China-Town, wo neben Touristen kaum andere Bewohner außer Chinesen zu finden sind, ist es in der Stadt oft bunt. Spannend, wie die Völker sich langsam mischen. Viele Menschen, die eindeutig afro-amerikanische Einschläge haben, aber nicht richtig schwarz sind. Man sieht Asiaten, bei denen andere Völkchen mit gewirkt haben: Im Gesicht erkennt man die Züge eines Menschen aus Fernost, die sind dann aber schon mal 1.90m hoch oder muskelprotzig, wie man sich den klassischen Asiaten nicht gerade vorstellt ;-). Einfach schön bunt.

Stadt der Paradiesvögel


In der Stadt leben gefühlte Unmengen von Studenten, mit unterschiedlichen Mützen, Piercings im Gesicht, viele Leute mit Tattoos, extrem eng geschnittene Hosen (hab mich ständig gefragt, wie die Jungs diese Hosenbeine über ihre Knöchel bekommen haben), die Baggy-Jeans, scheint zumindest in der Generation unter 30 ausgedient zu haben. Extreme Brillen, riesig, oder einfach aus Plastik und knall-gelb. Jede Menge Dreadlocks, viele junge Leute mit Skateboards unterwegs (was mich bei den Straßen und Hügeln oft gewundert hat). Schwarze Jugendliche mit riesigen Jacken bis zu den Knöcheln und Kapuzen, dass man sich an South-Park erinnert fühlt. Ringelsöckchen, Fransenjacken, und, und, und… Es scheint auf jeden Fall verdammt schwierig zu sein, einen einzigartigen Stil zu finden, bzw. aufzufallen scheint kaum möglich. Der einzelne bunte Vogel fällt kaum auf, wird wahrscheinlich wegen der Menge an schrägen Gestalten auch nicht mehr angeglotzt. Nun denn, ich schaue mir so gerne Menschen an, da wird das Gucken in der Stadt nicht so schnell langweilig!

Nicht selten riecht man einen Duft von Haschisch – egal, ob man über die Straße läuft, schon mal urplötzlich im Auto, ohne zu wissen, woher das kam, oder beim Spazierengehen im irgendeinem Park. Ich habe mich nicht mit der Gesetzeslage befasst, da Hasch nicht mein Zeug ist, zumindest ist es hier recht öffentlich. Und selbst in Wohnungsanzeigen auf der craigslist.org wird durch das verklausulierte „I am 420 friendly“ ganz deutlich ausgedrückt, dass der Wohnungssuchende regelmäßiger Marihuana-Raucher ist (Wiki weiß auch nicht genau, woher die Klausel 420 oder 4:20 für Cannabis kommt). An der Anzahl der Verrückten auf der Straße vermutet man auf jeden Fall, dass es manche wahrscheinlich etwas übertrieben haben, oder auch andere Drogen zu lange konsumiert haben. Von heftigeren Drogen bekommt man allerdings auf der Straße relativ wenig mit.

Sicherheitsgefühl in San Francisco


Mag sich wie ein Drogen-Eldorado an hören und der damit verbundenen Kriminalität. Klar, ist ein Teil davon. Insgesamt habe ich mich aber selten so sicher in einer Stadt so sicher gefühlt wie in San Francisco. Es gibt Ecken – wie zwischen Market und der 6. Straße, an dem offensichtlich ein lukrativer Drogenumschlagplatz ist und wo schon düstere Gestalten zu sehen sind. Ohne das zu wissen hatten wir uns (Matthias und ich) im Sommer mit Freunden genau an dieser Ecke verabredet, diese kamen später, deswegen mussten wir dort 10 Minuten warten. Die Dealer wurden sichtlich unruhig, da wir einfach nur da standen, aber nicht kaufen wollten ;-) – Die nervösen Dealer ließen wiederum uns dann auch nicht entspannt... Wenn man jedoch weiß, wo das ist, und man diese Ecken zügig passiert, ist das kein Problem. Ich behaupte sogar, dass 90% der Touristen es gar nicht mitbekommen, dass sie dort aus einem umfangreichen Drogen-Angebot auswählen könnten...

Ein paar Straßen weiter, mitten drin in der Innenstadt, ist der Straßenstrich, der unterscheidet sich jedoch nicht sonderlich vom Hamburger Hauptbahnhof. Klar, man wird angesprochen, ob man nicht will, aber sowohl in Hamburg als auch in San Francisco wissen die Nutten sehr gut, bei wem sie nachhaken müssen und wem sie einfach noch einen schönen Abend wünschen.

Klar, es gibt auch Ecken, vor denen mich jeder gewarnt hat, wie zum Beispiel dem Hunters Point, wo extrem viele schwarze im sozialen Wohnungsbau leben und eine sehr hohe Kriminalität sein soll - nicht, dass ich das bestreiten will – aber genau in der Ecke wohnt ein Bekannter, den ich ein paar Mal besucht und den Heimweg oft erst spät am Abend angetreten habe. Auch hier habe ich nie das Gefühl gehabt, es ist jetzt für mich gefährlich. Mir ist schon klar, dass ich als knapp 100 Kilo-Mensch nicht als leichtes Opfer zu betrachten bin. Dazu kommt, dass ich - wie einige Leute meinten - ein recht durchschnittliches Aussehen eines weißen Amerikaners habe, man mich eben auch für jemanden aus der Nachbarschaft halten könnte, so dass ich tatsächlich nie das Gefühl der Unsicherheit hatte.

Klar, schon mal ein Unwohlsein, aber ich habe mich wesentlich unwohler gefühlt, wenn sich ein stinkender Penner im Bus in meine Nähe setzte. Einen gab es, der neben mir saß, sich urplötzlich in meine Richtung drehte und aus den tiefsten Lungenspitzen mir mitten ins Gesicht hustete, zum Glück trocken. Aber ich spürte den warmen Atemstoß und dachte: Bäh! Aber Angst vor Gewalt oder sogar Waffen, nein, die hab ich nicht gehabt (ganz klar aber mit dem Wissen, dass es jede Menge Waffen gibt und diese im Rahmen von Rivalitäten verschiedener Gangs auch zum Einsatz kommen). Ich würde sogar behaupten, dass ich mich so entspannt durch die Straßen bewegt habe - oft mit einem Grinsen im Gesicht von wieder neuen Blicken durch die Straßenschluchten - und meine gelassene Ausstrahlung wie eine Art Schutzschild gewirkt hat…

Ein einziges Mal bin ich einem Penner direkt in die Arme gelaufen: Ich habe mich von einer Freundin verabschiedet, mich umgedreht und bin ohne zu gucken los gegangen und habe den so gut wie umgelaufen. Der schlug wild auf mich ein, aber nicht wirklich aggressiv, sondern eher erschrocken, genauso wie ich, die Schläge waren letztendlich Abwehrschläge. Hat nicht weh getan. Lediglich wollte er dann als Wiedergutmachung mein Kleingeld haben. Als er dann meinte, das würde nicht reichen, konnte ich ihm aber auch sagen, dass 2,50 Dollar nun genug Entschädigung für dieses Versehen wären. Das hat er dann auch so geschluckt.

„Um Kohle beschissen“ wurde ich ebenfalls nur ein einziges Mal. Und das nicht mal in San Francisco, sondern in Reno. Hier hat der Barkeeper - leider etwas zu offensichtlich - meinen 20 Dollar-Schein unter die Kasseneilage verschwinden lassen und wollte mir das Wechselgeld auf 10 Dollar raus geben. Mit der Begründung, ich müsse mich irren, da er keine 20-Dollar-Scheine in der Kasse hätte (klar, die waren ja auch drunter). Aus Kulanz hat er mir fünf Dollar mehr rausgegeben, was ich im Nachhinein schon als „Erwischt“ gedeutet habe. Aber da war es auch zu spät, um noch mal den Fusch aufzudröseln. Ansonsten – klar, es kostet alles Geld, aber die Erfahrung ist schon, dass die Leute mit Geld sehr sorgfältig umgehen, und eher mal eine Dollar mehr zurück geben, wenn der Bartender das Gefühl hat, es sei nun zu viel Trinkgeld, oder das nächste Getränk geht dann eben aufs Haus…

Kleine Schreibpause und in eigener Sache



Ja, so isses, da denk ich, ich kann nicht viel schreiben, aber einmal angefangen schlender ich dann doch durch die verschiedenen Erinnerungen. Ich möchte es damit aber für heute belassen.

Weihnachten traf ich einen Bekannten aus Erfurt, der mit erzählte, dass er sich gerne meine Bilder angeguckt und auch im Blog geschmökert hat. Ich war überrascht, dass er überhaupt die Domain zu meinem Blog kannte. Ich habe mich sehr darüber gefreut, da er selber Bild-Redakteur ist, konnte er meine Freude gut verstehen, da er wiederum selber auch selten Feedback zu seiner Schreiberei bekommt.

Ein wenig geht es mir auch so… und doch wiederum nicht. Ich sehe in meinen Webstatistiken, dass ich täglich zwischen 20 und 30 Besucher habe. Zum Teil durch die Verlinkung bei The American Dream - danke noch mal dafür. Aber aus den unterschiedlichsten Ecken, nicht nur in Köln, sondern aus dem ganzen Land bekomme ich mit, wie einzelne Leute meine Zeilen verfolgen. Ein Stammleser im Westerwald, eine Amerika-Begeistere aus Freiburg, ein Webdesigner aus Ulm, Kollegen meiner Schwester im Fränkischen haben im Sommer gelesen, die Mutter einer Freundin aus dem Hunsrück, aber auch einige Freunde und Bekannte aus Köln oder dem Bergischen Land oder neue Freunde aus San Francisco. Das freut mich so sehr, und macht mich auch ein wenig stolz. Ach ja, nicht zu vergessen meine drei Mädels (+Herbert) aus Süd-Kaliforniern als Stamm-Kommentatorinnen ;-).

Kommentare erwünscht!


Ich würde mich freuen, ganz viele Kommentare unter diesem Beitrag zu finden. Liebe Leser, gebt Euch einen Ruck und gebt Euch zu erkennen! Am liebsten ohne irgendeine Lobhudelei, ein einfacher Gruß tut‘s auch! Und wenn dort ein „Was ich noch über XXX wissen wollte…“ zu lesen sein wird, dann freue ich mich umso mehr! Keine Ahnung, ob ich was beantworten kann, vielleicht gibt das aber neue Anregungen, um über weitere Themen zu schreiben.

Fortsetzung folgt…


Nun denn – für alle Live-Time-Leser –alles erdenkliche Gute für 2009, viel Glück und vor allem Gesundheit! Für mich geht’s am 10. Februar wieder nach San Francisco, per Direktflug von Frankfurt (Umsteigen ist ja nicht meins ;-)) – entweder bis dahin, oder bis zu einem Zwischenbeitrag, wenn ich meine Sicht der Welt noch mal als schreibenswert erachte… Also, in diesem Sinne: Vielen Dank für das treue Lesen! Stephan






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