Thanksgiving, Kölner Frauen, Führerschein und amerikanische Bürokratie

...das war jetzt wahrscheinlich die größte Schreibpause, seit dem ich hier bin... liegt mitunter daran, dass auch hier mal sowas wie Alltag einkehrt und ich nun nicht den morgendlichen Gang zum Bäcker dokumentieren möchte... aber auch daran, dass ich die letzte Zeit mehr unterwegs war denn je... und vielleicht auch daran, dass man auch mal Zeit braucht, um auf persönliche Begegnungen zurück zu blicken ;-) ...

Happy Thanksgiving



Nun habe ich es erlebt, mein erstes Thanksgiving vor Ort. Ich glaube, ich muss nicht erzählen, dass es dieses Fest gibt. Seitdem die Welt multimedial zu einem Dorf verbunden ist, seit Jahren auch Halloween ein fester Bestandteil im deutschen Jahresablauf ist, wird auch diese amerikanische Tradition in Europa wahrgenommen worden sein.

Thanksgiving hat eine Bedeutung hier, die ich so nicht eingeschätzt hätte. Zwar sagte mir die Tage jemand, er fände es ziemlich albern, dieses "Erntedankfest" zu feiern, da er persönlich noch nie einen Kürbis vom Acker gepflückt hätte. Das erinnerte mich aber dann, als er es so umschrieb, an Erntedankfeste meiner Kindheit im Bergischen, an denen geschmückte Heuwägen über die Dörfer fuhren und rustikal und damit ernsthaft die selbst eingefahrene Ernte des Jahres gefeiert wurde. Feste, an die ich ganz heimatliche Erinnerungen habe... Frage mich, ob es diese Tradition noch gibt...

Thanksgiving scheint hier wichtiger als Weihnachten zu sein. Zwar nicht so stark mit familiärem Schwerpunkt, aber alle essen "Turkey", sprich Truthahn, und vor allem darf keiner alleine sein, jeder sollte eine Einladung haben. Oder selber Gäste empfangen. Die Brisanz des Festes wurde sehr dadurch unterstrichen, dass sich meine fürsorglichen spätjugendliche Freunde Karl-Heinz und Helge kontinuierlich Gedanken machten, wo ich denn nun bleiben könne. Und die Tatsache, dass fast an jedem Laden Schilder hingen "Donnerstag und Freitag wegen Thanksgiving-Holiday geschlossen" - Holiday in dem Fall eindeutig als Feiertag übersetzt zu verstehen - verliehen mir selber im Laufe der Woche das Gefühl, dass dies hier eine besondere Zeit ist und ich glücklich über eine Einladung bei Arnaud bin!

Arnaud selber habe ich heute erst kennen gelernt, Bettina hatte mich mit auf die Gästeliste gesetzt. (Wie erwähnt: Bettina kommt aus Oldenburg, lebt seit 10 Jahren hier und treibt ihr Unwesen sehr eindrucksvoll als Buchdruckkünstlerin: www.bettina-pauly.de). Neben uns Dreien sind beim Essen Odile und Richard zugegen. Odile und Arnaud sind Franzosen und Lehrer, Richard stammt von der Ostküste der Staaten und ist Odiles Ehemann. Und so essen wir Championsuppe, Geflügelschenkel (habe mich nicht gewagt zu fragen, ob die nun auch vom Truthahn waren), Käse und Mousse au Chocolate.

Wir starten und ein Uhr mittags und verlassen Arnauds Wohnung gegen halb sieben wieder. Nicht voll gefressen, aber gut gesättigt. Und in der Zeit wechseln die Gespräche und die Konstellationen, Arnaud unterhält sich streckenweise mit Odile auf Französisch, ich mich mitunter mit Bettina auf Deutsch, oder dann sich wieder die ganze Runde auf Englisch. Sehr entspannt, sehr lecker und ich bin wieder beeindruckt, dass man so ein weiteres kleines Stück Amerika erlebt. Amerika ist eben wie hier, ein Multikulti-Haufen irgendwie zusammen.

Zu Fuß durch San Francisco



Obwohl mir Bettina sagt, dass es kein Problem wäre, dass mich Richard und Odile nach Hause bringen könnten, wähle ich den Heimweg zu Fuß. Habe zwar keine Ahnung, wo ich bin, aber eine kurze Nachfrage bringt die Info, dass die nächste Straße die Divisadero (Street) ist. Die gehört zu den großen Achsen der Stadt. Das Zurechtfinden in der Stadt ist einfach sehr einfach. Es gibt die Market-Street, die läuft irgendwie diagonal durch die ganze Stadt, der Rest ist im Schachbrettmuster angelegt und sobald man die Hauptachsen kennt, erreicht man auch ohne Plan jeden Punkt der Stadt. Hauptsache, man schlägt die richtige Richtung ein, und kreuzt irgendwann die Querstraße, an der man dann nur noch links oder rechts muss...

Ich laufe erst über die Broderick - lange Zeit sehr viel und wunderschöne Wohngegend. An diesem Tag alles sehr ruhig, es sind nur wenig Leute auf der Straße, ich komme an Straßen vorbei, die ich bereits kenne, wie beispielsweise an der Felt, an der das DMV (das Straßenverkehrsamt) liegt. Zwischendurch mit Blick über die ganze Stadt, immer wieder Straßenschluchten, heute im Laternenschein. Ich genieße einfach, die Zeit und die Muße zu haben, das genießen zu können. Es ist ein wenig wie Heilig Abend auf den Straßen - alles sehr ruhig, aber doch wieder anders, da es im Gegensatz zu Halloween oder Weihnachten keinen Thanksgiving-Schmück-Wahn gibt. Es hängen die ersten Lichterketten in den Bäumen, die vermitteln dezent, dass nun auch hier der Advent begonnen hat.

Komme irgendwann über einen Hügel und sehe die Leuchtreklame vom Castro-Kino - das ist ein wenig wie der Kölner Dom - wenn man diese Neon-Röhren von Weitem sieht, weiß man, wo man ist, und sie gehört sicher zu den Symbolen des Castro-Viertels. Kurz später springt mir die Leuchtreklame des "Gay Cleaning" ins Auge - ich muss schmunzeln, und frage mich, ob das nun ein Laden ist, in dem der geneigte Mann bis in die letzte Ritze sauber gemacht wird, oder ob es eher auf die Gesinnung der Angestellten schließen lässt ;-) .

Kurz später stehe ich vor dem Twin Peaks. Seitdem ich hier bin, war ich sicher schon häufiger als zweimal dort. Egal, ob mittags um zwei oder nachts um elf. Aber es waren immer Leute drin. Heute zu Thanksgiving ist geschlossen, und bietet die Gelegenheit, ein paar ganz seltene Aufnahmen machen zu können. Am Abend der Präsidentenwahl war der Laden hier proppenvoll! Nun ist es leer…

Trinke noch zur Feier des Tages ein Margaritha im Men's Room - gehört zu meinen liebsten Kneipen, Steve steht am Tresen, ich freu mich darüber, werde persönlich begrüßt und ich schmetter ihm ein "Happy Halloween" entgegen - was ein Faux Pas. Sei‘s drum. Wenn die hier so viele Feiertage habe, darf ich mich als Immi auch mal vertun ;-). Plauder noch ein wenig mit ein paar Leuten, bevor ich in der Tat nach Hause gehe, um ein kleines Stück Arbeit zu erledigen und die Gelegenheit nutze und die Telefonleitung ins Bergische herstelle.

Ursel und Wiebke



Ein spannender Abend war in dieser Woche der Dienstag. Über diesen Blog hier hat sich ein Treffen mit diesen beiden Frauen ergeben, die ebenfalls in Köln gelebt haben. In San Francisco gibt es eine Yahoo!-Group "Deutscher Stammtisch". Auf diesen Seiten gibt es Tipps von Deutschen an Deutsche, die in der Stadt leben. Man kann Babysitter suchen, Steuerexperten bieten sich an, und jeder Neuling kann sich vorstellen. Das habe ich getan, und seit dem, wie ich dann letzte Woche erfuhr, habe ich mit Ursel eine treue Leserin meines Blogs! Und dadurch, dass ich neulich Besuch aus Bremen erwähnte, veranlasste es Ursel, die neben Köln auch dort lebte, sich zu melden. Was ein Glück. Habe einen sehr guten Mexikaner kennen gelernt. Zum ersten Mal Margaritha getrunken und eine sehr inhaltsvollen und amüsanten Abend gehabt.

Witzig an der Stelle, dass Wiebke mich vom Namen her kannte! Wie jetzt? Was? Ich dachte, nun denn, sie wird wie viele Leute in Köln irgendeine Verbindung zum WDR haben, hab ich sie bei Britta schon mal auf einer Party getroffen? Nein, weit gefehlt. Sie war bei der ersten BIENE in der Orga dabei, und arbeitet auch hier weiterhin im Bereich der Barrierefreiheit. Und erinnerte sich daran, dass ich (ich mach jetzt mal einen auf dicke Hose) an der BIENE für den Landtag NRW - zusammen mit meinem "Kooperationspartner" Hellbusch - mitgewirkt hatte, und konnte mich somit auch sofort in eine Ecke stellen!

Ihr lieben beiden - Danke für den schönen Abend - ich will noch mal!

Führerschein und amerikanische Bürokratie



Ein ganz anderes Thema ist mein Führerschein. Natürlich stellt sich die Frage, ob ich den wirklich brauche. Doch nun hab ich es angestoßen, und will es nun auch zu Ende führen. Am Montag hatte ich endlich meine Prüfung, vor drei Wochen hatte ich den Termin bereits vereinbart - die sind wochenlang ausgebucht hier. Hatte mir bei einem Automietservice ein Wagen reservieren lassen. Damit stand am Montag Autofahren auf dem Programm. Habe das Auto abgeholt, alle Versicherungen gebucht, mir noch den Durchschlag der Buchung geben lassen, da ich wusste, dass das DMW die Versicherung nachgewiesen haben will.

Komme fast eine Stunde zu früh in Dali City zum DMV (Für San Francisco hätte ich noch länger warten müssen), sehe das Schild "bitte hier zur Prüfung einordnen"… Ja! Richtig gelesen, man fährt hier mit dem eigenen Auto zur Prüfung - und reihe mich in die Schlange ein. Lese dann das Schild. "Bitte an Schalter 14 melden, bevor man sich hier einreiht". OK, Auto geparkt, und rein ins DMV. Ganz schnell ist klar, es fehlt "the letter". Bin irritiert, frage nochmal nach, zeige, dass alle Versichrungen gebucht sind. Aber sie meinte, nein, die Autovermietung hätte das wissen müssen, die brauchen eine bestimmte Bescheinigung, die noch mal ausdrücklich die Versicherung für die Prüfung bestätigt. Nach einigem Hin und Her bittet sie mich, ich solle einfach zur Agentur fahren und die Bescheinigung holen.

Ich sitze im Auto auf dem Rückweg, ganz klar, dass ich bis zu meinem geplanten Termin nicht zurück sein werde, aber denke mir, jetzt reize ich einfach mal die amerikanischen Behörden aus, und will wissen, ob ich die Prüfung auch machen kann, auch wenn ich über eine halbe Stunde zu spät sein werde...

Es ist nicht sonderlich weit, Dali City ist der Ort, der direkt an San Francisco angrenzt und von mir aus nicht weiter weg ist als das Stadtzentrum. Aber ich lese die Autobahnschilder falsch, verfahre mich, bin trotzdem zeitig bei der Autovermietung - und bekomme schlicht weg die Info: Nein, für Führerscheinprüfungen verleihen wir gar keine Autos!!! Hä - wie bitte - ich habe das Auto explizit mit dieser Info gebucht - aber er sagt, nein, sie würden das nicht machen. Ich sage ihm, dass ich das verstanden hätte, aber dass man mir so NIE ein Auto vermieten hätte sollen, da ich es ausschließlich zu diesem Zweck haben wollte. Glücklicher Weise ist der Mann sehr kulant, sagt, dass ich das Auto, wenn ich es nicht mehr bräuchte, da lassen könnte, und er nichts berechnen würde... Ich freue mich, dass die Kohle nicht weg ist. Aber damit ist der Führerschein für heute auch passé...

Mache eine neuen Termin - das geschieht über diverse Anruf-Sprach-Computer, was mich stolz macht, wie weit ich da komme, muss den Termin aber noch mal umlegen, da ich zum erst vereinbarten Termin definitiv verhindert bin. Suche die Agentur, die mir Christian zwecks "the letter" empfohlen hatte. Diese ist allerdings nicht mehr da, bzw. die Büros und die Reklame sind noch da, aber alles lehr geräumt. Reserviere bei einer anderen Agentur ein Auto für den 12.12., ja er weiß Bescheid über "the letter", es ist alles kein Problem - aber der Bedarf wird auch mit 80 Dollar in Rechnung gestellt. Nun denn, das Auto ist nur reserviert. Vielleicht finde ich ja noch eine Agentur, die preiswerter ist. Bin einfach nur überrascht, dass eine vermeintlich einfache Angelegenheit von viel Bürokratie doch sehr verkompliziert wird. Sei‘s drum...

Muss nun ins Bett, bekomme gerade die Nachricht von Matthias und Matthias, dass sie gleich in Frankfurt in den Flieger steigen... Bevor ich sie morgen vom Flughafen abhole, brauche ich doch noch ein wenig Schlaf - in diesem Sinne - bis die Tage!

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