Freunde in Amerika?!?

...keine Sorge, ich werde jetzt nicht zum Schreibmonster und Euch täglich mit neuen Beiträgen "belästigen" - aber der heutige Ausflug und ein paar Gespräche der letzen Tage treiben mich dazu, heute schon wieder zu schreiben. Das schöne am Blog ist ja, man kann, man muss ihn aber nicht lesen ;-) By the way - aktuell haben vier Leute den Blog abonniert - am Tag sind jedoch über 30 Besucher auf der Seite! Was mich richtig freut, da macht das Schreiben noch mal mehr Spaß. Mit einem Klick auf "RSS 1.0 feed" unter "Blog abonnieren" auf der rechten Seite landet der Blog automatisch im Outlook (oder sonstigen Mailprogrammen) - man muss also nicht mehr auf die Seite gehen, sondern ein neuer Beitrag landet automatisch im Posteingang! (nur so als Tipp am Rande ;-))

Sonntags in San Francisco.



Heute hatte ich einen Blick auf die Golden Gate Bridge, den ich bislang noch nicht hatte. Wir waren am Point Bonita Lighthouse, zu gut deutsch: Ein alter kleiner Leuchtturm an der Buchteinfahrt von San Francisco - eigentlich nur kurz über die Golden Gate rüber, am besseren der beiden Aussichtsplattformen, die direkt hinter der Brücke sind, vorbei und vielleicht zwei oder drei Kilometer weiter ist man in völlig fern ab von jeglicher Zivilisation und mitten in der Natur. Helge hatte mir Bescheid gegeben, dass er mit ein paar alten Kollegen den Ausflug machen würde und es sei sicher auch was für mich.

Das Wetter ist weiterhin selbst für SF-Verhältnisse und für November viel zu warm. Aber für uns natürlich ideal, kaum ein Wölkchen am Himmel, klare Sicht und T-Shirt-Wetter. Ich stehe am Leuchtturm, bin umgeben von Wasser, Sonne und einem einmaligen Blick auf die Brücke und die Stadt. Und denke mal wieder - das mal eben als Sonntagnachmittagsspaziergang - Wow - das ist schon echt cool! Vögel, Segelboote und jede Menge Surfer - zwischendurch konnten wir sogar einen Seelöwen im Wasser spielen sehen. Hammer.

Wir hatten einen wunderschönen Tag. Ein gemeinsames Picknick mit handbelegten Sandwiches aus dem Safeway (der Supermarkt, der 7 Tage die Woche rund um die Uhr auf hat), danach eben zum Leuchtturm. Dort haben die drei zufälligerweise einen alten Kollegen getroffen, der mit seine Eltern aus Mishigan ebenfalls auf dem Sonntagsausflug war. Geplaudert. Sein Vater erzählt von einer Europa-Reise, die er mit eben diesem Sohn vor Jahren in 12 Tage abgerissen hat. Eine andere Frau schnappt auf, dass wir deutsch sprechen, und erzählt und von Ihrer Anstellung in einer Chemiefirma in der Nähe von Kaiserslautern. Heute lebt sie in der Bay Area und fotografierte Vögel.

Wer ist denn jetzt wir?



Das „wir“ war heute von Helge organisiert. Helge kenne ich über Karl-Heinz, er stammt aus Lübeck, lebt seit 26 Jahren nicht mehr in Deutschland und hat die letzen Jahre als Flugbegleiter gearbeitet. Laureen und Pawel sind ehemalige Kollegen von Helge - ehemalig deswegen, da die Fluggesellschaft letzes Jahr pleite gegangen ist und es keine gemeinsame Arbeit mehr gibt. Helge ist just im Rentenalter angekommen und genießt seinen Ruhestand, wobei er schon noch auf der Suche nach - auch bezahlter - Beschäftigung ist.

Pawel ist gebürtig aus der Nähe von Prag, ist schätzungsweise in meinem Alter, lebt seit 10 Jahren hier uns ist derweil auch US-Bürger. Fängt im neuen Jahr einen Job bei der Swiss-Air an und ist dann in Zürich stationiert. Er will aber auf jeden Fall hier wohnen bleiben - außer New York, so schnappe ich in einem Nebensatz auf, kann er sich eigentlich keinen anderen Ort zum Leben vorstellen.

Laureen ist, so wie ich schätze, etwas über 30, hat in New York gelebt. Ihr Ehemann ist Polizist und wurde nach San Francisco versetzt. Das hat sie vor ein paar Jahren hier her verschlagen und sie berichtete auch kurz von vehementen Unterschieden von Ost- zur Westküste und dass sie erst mal einen Kulturschock erlebt hat.

Soweit erst mal ein paar Geschichten, die sind interessant, aber bewegen nun auch nicht die Welt. Für mich aktuell aber sehr beispielhaft, wie ich San Francisco erlebe. Ich komme als Fremder in die Stadt, und bin heute selbst überrascht, dass ich außer Dr. Bob, der mich am Flughafen abgeholt, und den ich auch nur per E-Mail kannte, im Sommer keinen Menschen in der Stadt kannte. Hab ICH das wirklich gemacht??? Aber ohne dass man sich versieht, trifft man auf ganz unterschiedliche Leute, der Amerikaner ist ohnehin sehr offen und man hat einfach eine gute Zeit miteinander!

Was sicher bisher einfach war, dass oft Besuch da war - damit steht die Bezugsperson fest, man ist auch eher im Urlaubsmodus, und man guckt sich einfach viel an. Aber in den Zeiten zwischen durch gab es eben auch die Aufgabe: Leute kennen lernen. Ich muss noch mal selber hier nach lesen - aber das einfachste war es, sich erst mal deutsche Gruppen zu suchen. Nicht, dass das das ist, was man sucht, aber bevor man einfach nur vor der Glotze sitze, dann lieber das. Und Deutsch ist einfach eine Gemeinsamkeit, nach der man hier auch suchen kann.

Freunde notgezwungen?



Und was passiert dann - ich treffe auf Leute, die ich in Deutschland so nie kennen gelernt hätte. Und Leute, mit denen ich mich auch nicht länger beschäftigt hätte. Aber hier auch wieder ein wenig der Pragmatismus - bevor ich vorm Fernseher sitze, treffe ich mich lieber mit Leuten, mit denen ich mich in Deutschland so nicht verabredet hätte. Mag sich jetzt böse anhören, aber genau diese Gespräch hatten wir diese Woche bei Helge.

Helge hatte Karl-Heinz, Bettina und mich zum Abendessen eingeladen, ein "Deutschentreffen". Karl-Heinz, 71, Friseur und Schauspieler (hat in Amadeus den Friseur gespielt) und redet gerne mal Unsinn - aber schönen Unsinn, der einfach Spaß macht. Bettina ist gerade 40 geworden, war in Oldenburg zu Hause und hat dort groß gefeiert. Drei Geschichten von Deutschen, die ihre Rolle hier in diesem Land für sich suchen oder gefunden haben. Für Karl-Heinz gibt es kein zurück, er ist sein 30 Jahren hier und hat absolut keine Verbindung mehr zu Deutschland, wobei er immer noch einen gnadenlosen deutschen Akzent hat. Helge liebt es, ein paar Monate im Jahr in Lübeck und in Deutschland zu sein - und er liebt San Francisco. Er lebt beides. Bettina ist seit 10 Jahren hier, und gerade nach ihrem Geburtstagaufenthalt ein wenig mit sich hadernd, ob sie nun hier bleibt oder ob Deutschland doch noch mal in Frage kommt. Fern ab von dieser Runde Christian, der nach drei Jahren USA gerade eine Weile in Hannover war, und es so verflucht hat... Spannend einfach auch, die unterschiedlichen Geschichten zu sehen, und wie unterschiedlich jeder seinen Weg geht!

Während des deutschen Abendessens stellt mir Helge die Frage, was die Zeit bis jetzt für mich gebracht hat. Na, und eine Antwort ist, ich habe einfach Leute kennen gelernt, die ich eben etwas "gezwungener maßen" kennen gelernt habe, aber ich habe sie kennen gelernt, und freue mich so sehr darüber, da jeder für sich einfach super ist. Da wir über dieses "nicht ganz unfreiwillige" Kennenlernen gesprochen haben, und auch alle wussten, wie ich es meine, hoffe ich auch, dies hier so schreiben zu können. Keine dieser, ob man sie jetzt noch Bekanntschaften oder schon Freundschaften nennt, hat deswegen weniger Bedeutung. Na, und es gab auch Leute, die ich nur einmal getroffen habe - so ein Psychologe, der sich ein paar Wochen später über wen Dritten informiert hatte, warum ich mich nicht mehr gemeldet hätte... na, so sind se eben, die Psychologen - man muss da scheinbar noch erklären, dass es auch Leute gibt, die nichts mit einander anfangen können...

Ja, und soweit zum Thema Freunde. Ein wenig Anlass zu diesem Beitrag ist ein Telefonat mit Laszlo aus Berlin, das ich am Donnerstag hatte, der mir genau die Frage nach Freunden stellte. Habe ihm von einer Frau erzählt, die ich Halloween getroffen hatte, die aus Hamburg kam und seit 18 Monaten hier ist. Sie meinte, sie würde es richtig schade finden, dass Sie hier keine Freunde hat - nicht so wie in Deutschland. Ich war einfach nur verwundert. Die Leute um mich herum unterscheiden sich natürlich von den Freuden, die ich ja zum Teil noch aus Schulzeiten habe. Aber es wär ja auch komisch, wenn ich mit jemandem, den ich seit drei Monaten kenne, genau eine solche Vertrautheit hätte, wie mit jemandem, den ich sein 10, 20 oder 30 Jahren kenne. Und wenn ich beginne, das zu vergleichen, dann haben neue Leute auch nur wenige Chancen, ein Freund zu werden. Aber ganz im Sinne, was Karl-Heinz regelmäßig sagt. „To be open minded“ ist das Wichtigste, sprich, weltoffen, aufgeschlossen zu sein, nur so kann man neues erleben, es genießen, es so lassen, wie es ist, und einfach reicher daran werden…

Was gerade sehr rührend ist, dass sowohl Karl-Heinz als auch Helge sich ganz viel Sorgen machen, wo ich Thanksgiving verbringen werde. Das Fest hat hier nicht eine so starke familiäre Gewichtung wie Weihnachten bei uns in Deutschland, aber von der generellen Wichtigkeit vergleichbar. Vor allem soll keiner alleine zu Hausse sein. Beide spekulieren gerade auf verschiedene Einladungen und überlegen, bei welchen Festen sie mich mit nehmen könnten. Und mein Bedarf ist schon unfreiwilliger Weise bei anderen Leuten angemeldet. Bin mal gespannt. Habe beiden gesagt, sie sollen Ihre Entscheidungen nicht davon abhängig machen, ob ich gegebenenfalls mit eingeladen wäre. Es hat heute keine Bedeutung für mich, von daher werde ich an dem Abend irgendwas machen. Aber natürlich freu ich mich, wenn ich irgendwo sein werde, nein ich hoffe sogar darauf, weil es mal wieder ein Stücken neues Amerika sein könnte ;-).

Und ich schätze, genau das ist einer der Punkte, die ich wirklich hier genieße und das ist heute schon ein riesen Gewinn dieser Reise. Augen auf und neues Kennen lernen - das macht Spaß!

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