Amerika im Wahlfieber

Ich denke, das Thema, welches die Zeit hier gerade bestimmt, wird auch in Deutschland keinem verborgen geblieben sein. Heute gibt‘s n neuen Präsidenten!!! Viele hier sind sich sicher, dass Obama gewinnen wird. Die Prognosen sprechen auch eindeutig für ihn, doch es gibt auch Stimmen, die den Morgen nicht vor dem Abend loben möchten.

In einem Kommentar diese Tage wurde bereits das Wahrergebnis als eindeutig bezeichnet, es sei denn, es passiere eine Oktober Überraschung, oder eben im englischen, eine October surprise. Dies ist hier ein eher selten gebrauchter, aber fest stehender Begriff dafür, dass eine Wahl scheinbar gewonnen ist, im letzen Moment aber doch noch kippt. So befürchte ich im Stillen, dass hier mache Wähler im letzen Moment noch kippen werden ;-(

Eintauchen in Amerika



Ganz ab von der Wahl, mein aktueller Besuch von Peter und Christian zeigt mir, dass ich hier immer mehr eintauche. Ich schaue den beiden auf die Finger, sehe, wie sie Dinge machen, wie sich ihr Handeln von dem der Amerikaner unterscheidet. Nicht, dass ich jetzt schon komplett Ami bin, aber nach drei Monaten habe ich scheinbar schon einige Regeln verinnerlicht.

Gerade an ihren Fragen merke ich, und bin dann auch ganz stolz (komme mir langsam schon wie ein Klugsch... vor), dass ich derweil doch einiges beantworten kann. Leider oft von gefährlichem Halbwissen geprägt, was aber einen ganz guten Effekt hat: Mich nervt es, wenn ich die Dinge nur teilweise weiß, komme nach Hause und verbringe Stunden in Wiki, um die Antworten auch mit Substanz unterlegen zu können. Nicht, um besser antworten zu können, ich will es selbst richtig wissen! Auch wenn Wiki umstritten ist, ein Test vom STERN hat letztes Jahr gezeigt: Wikipedia schlägt Brockhaus. Das heißt zwar nicht, dass Wiki nun perfekt ist, gerade wo ich aktuell viel zwischen englischen und deutschen Beiträgen hin und her springe, merkt man auch signifikante Unterschiede zwischen gleichen Beiträgen in den unterschiedlichen Sprachen. Aber für eine grundlegende Information liebe ich Wiki über alles - Internet macht das Leben einfach so einfach...

So war mir nicht klar, dass vier Präsidenten derweil ermordet wurden. Kennedy weiß man ja, Abraham Lincoln hätte ich nicht sagen können, und die beiden anderen kannte ich nicht mal mit Namen: Garfield 1881 und McKinley 1901. Der Job ist scheinbar sehr gefährlich, und es gibt auch Stimmen die sagen, das Obama hier hochgradig gefährdet ist. Aber er steht auch, seit dem seine Kandidatur für das Präsidentenamt klar ist, unter dem Schutz des United States Secret Service. Diese Befürchtung scheint also durch den offiziellen Schutz bestätigt zu sein. Er wäre nicht nur der erste (wenn auch Halb-) schwarze Präsident der Staaten – er ist aktuell auch der einzige schwarze Senator in den USA.

Auf dem Bild sieht man übrigens die Rückseite meiner Cornflakes-Packung - Präsidentenwahl findet man also überall!

Esel und Elefanten



Spannend an der Stelle sind auch die Attribute, mit denen die Parteien verbunden sind. Die Republikaner, die am ehesten unserer CDU entsprechen, werden hier mit der Farbe Rot verbunden - Rot ist also nicht unbedingt links. Die Demokraten haben die Farbe Blau. So wird heute Abend die US-Karte mit blauen und roten Flecken gefüllt sein. Als Tiere dient einmal der Elefant - der gehört den Republikanern - denkt man an Helmut Kohl, ist man bei der Parteizuweisung auch richtig. Die Demokraten haben ihren Esel. Dieser ist eindeutig mit ihnen verbunden, offiziell ist er allerdings nie als Maskottchen anerkannt worden!

Jede Menge Proposition



Was ich in Deutschland nicht wahrgenommen habe, sind die Propositions. Nebenbei - die Wahl liegt nicht zufällig auf diesem 4. November, sondern es ist festgelegt, dass immer am Dienstag, der dem ersten Montag im November folgt, Wahltag (Election Day) ist. Das heißt konkret, dass nicht nur die Präsidentenwahl ist, sondern in der ersten Novemberwoche immer irgendwelche Wahlen sind. Es finden heute zeitgleich verschiedene Kommunal- und Repräsentantenwahlen statt - was genau, hat sich mir im Detail noch nicht erschlossen.

Vor allem aber hat sich der Wahlkampf hier in Kalifornien in der letzen Woche fast kaum noch um den Präsidenten gedreht, sondern viel mehr um die Propositions. Das sind Volksbegehren oder Volksabstimmungen, die ebenfalls heute entschieden werden. An der Zahl sind das zwölf Themen. Das betrifft beispielsweise artgerechte Tierhaltung, Gelder für Kinderkrankenhäuser, alternative Energieproduktion, einen Schnellzug von San Francisco bis unterhalb von Los Angeles und als ganz heißes Eisen die Homo-Ehe. Details zur Wahl und zu den Propositions findet man hier: California state elections, November 2008. Propositions können sowohl von staatlicher Seite kommen (wie zum Beispiel der Schnellzug) oder aber eben auch aus Bürgerinitiativen heraus entstehen, nach dem ausreichend Stimmen gesammelt wurden.

Gerade in San Francisco ist die Stadt zugepflastert mit Plakaten gegen die Proposition 8 - kurz Prop8. Seit Mai diesen Jahres ist die Same-sex marriage in Kalifornien erlaubt. Der zweite Staat in den USA, welcher sich für die Homo-Ehe entschieden hat. Prop8 ist nun ein Volkbegehren, das den Gesetzestext, der die Ehe regelt, eindeutig auf Mann und Frau beschränken will - was bislang im Gesetz nicht explizit der Fall ist - damit aber die Homo-Ehe rückgängig machen würde. Fatal an der Stelle ist, dass der Wähler mit NO stimmen muss, wenn er für die Homo-Ehe ist, da die Proposition eben auf den Eintrag der genannten Beschränkung auf Mann und Frau abzielt - also, alles etwas durcheinander.

Grundsätzlich finde ich es aber gut, das es hier die Möglichkeit gibt, Gesetze, die durch den Staat gemacht wurden, auch durch ein Volksbegehr wieder gekippt werden könnten - auch wenn ich es in diesem konkreten Fall fatal finde - aber in Deutschland fände ich etwas mehr Mitbestimmung durch den Bürger nicht schlecht. Nun denn, der Amerikaner bzw. der Kalifornier muss sich aber wirklich vorbereiten, wenn er heute zur Wahl geht, denn er muss mehr als 13 Kreuze machen. Und er muss Geduld haben. Wie man am Fernseher sieht, betragen je nach Wahlgebiet die Warteschlangen mehrerer Stunden. Das erinnert dann oft an die ehemalige DDR - der Amerikaner ist sehr geduldig, sich in Schlangen einzureihen, und Stunden zu warten.

Regenschirm und Unterhemden



Eine unfreiwillige Wahl habe ich gestern beim Einkaufen getroffen - habe mich eben mit einem Regenschirm und neuen Unterhemden auf das schlechte Wetter der letzten Tage eingestellt. Gestern hatte es sich so richtig eingeregnet, und in Kombination mit der Zeitumstellung, die es hier auch gibt und jetzt am Wochenende statt gefunden hat, war es schon sehr früh dunkel und düster und nass. Und das macht selbst in Kalifornien keinen Spaß, zum Glück immer noch um die 15° C, was es aber nicht wirklich schöner machte. Nun denn, habe gerade den Blick aus meiner Kellerwohnung fotografiert - den Regenschirm werde ich heute eher nicht benötigen ;-).

Heute geht es dann um 16:00 raus, mit Peter und Christian werden wir dann die Wahlergebnisse verfolgen - bin sehr gespannt, hoffe aber natürlich, dass Obama gewinnt - alles andere wäre fatal! Es bleibt spannend!


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