Zurück auf die Schulbank

Seit längerem denke ich darüber nach, was für mein English zu tun. Ich komme zwar gut durch, kann mich auch abendfüllend unterhalten, aber immer wieder fehlen mir Vokabel oder stammel einfach vor mich hin, weil ich nicht weiß, wie ich mich ausdrücken soll. Vor allem aber ist meine Aussprache so gut, dass ich immer wieder fragende Gesichter vor mir habe. Und die Tatsache, dass ich von ewig vielen Deutschen umgeben bin und aktuell nur für Deutschland arbeite, fördert nicht meine Sprachkenntnisse. Und das ist schließlich einer meiner Hauptideen hier, dass ich das Englische verinnerliche...

Schwierig ist schlicht weg das Bestellen von einem Kaffee oder einem Salat. Oder an der Kasse im Supermarkt. Anders als in einem Gespräch an der Theke geht hier alles richtig schnell, man bekommt Fragen gestellt, bei denen man keine Ahnung hat, was die jetzt von einem wollen. Dass an Supermarktkassen auch gerne Nicht-Amerikaner stehen, macht die Sache nicht einfacher.

So habe ich vor allem da gemerkt, das ist nicht Sprache lernen oder verstehen, sondern das sind Situationen, die man kennen lernt und irgendwann weiß, wie die Situationen ablaufen: Stehe ich im Safeway, kommt, nach dem fast alle Waren vom Band sind, die Frage, ob ich eine Clubkarte habe (habe ich derweil sogar, weil einfach der Besitz der Karte manche Produkte um 1/3 billiger macht). Dann reiche ich meine Bankkarte, es kommt die Frage "Debbit or Kredit", was soviel heißt wie, Girokonto oder Kreditkarte (den Unterschied sieht man den Karten hier nicht an) und ist auch schon durch.

Ein schönes Beispiel für diese Sprach-Situation war ein Besuch im Kino. Ich hatte endlich das Gefühl, dass ich ganz geschmeidig einen Milchkaffee bestellen kann. Der Ablauf war wie immer, und dann fragt der Typ mich irgendetwas, und ich verstehe nichts. Ich frage nach, und was er wollte, war ganz einfach, ob ich den Milchkaffe mit fettreduzierter Milch, Soyamilch oder ganz normaler Milch haben will. Also immer was Neues - hab bislang aber immer das bekommen, was ich wollte ;-) .

Schwierig ist dabei auch immer mein Name Stephan. Wenn man hier bestellt, ob nun Kaffee oder ein Essen, wird man gerne nach dem Namen gefragt. Man ordert an der Theke und wird dann ausgerufen, wenn die Bestellung fertig ist. Stephan ist aber nichts, was das gewöhnliche amerikanische Ohr versteht - bei einer Kaffee-Bestellung wurde ich darauf hin auch schon mit Trevor ausgerufen ;-) In diesen Situationen sage ich derweil Steven - das geht viel, viel einfacher...

Lange Rede, kurzer Sinn (oder wie ich letzte Woche bereits gelernt habe "To say it in a nutshell"), war ich letzte Woche im City College zur Sprachtest, um einen Status meiner Englischkenntnisse zu prüfen, um dann den richtigen Kurs für mich zu finden. Das City College entspricht in etwa unserer Volkshochschule.

Beispiel guter Integrationspolitik



Was wirklich super ist, und da bin ich neulich eher zufällig drüber gestolpert, als ich mich um Sprachkurse bemüht habe: Es gibt hier sogenannte ESL-Kurse: „Englisch as a Second Language“. Diese gibt es in zwei Varianten. Einmal mit dem Ziel, ein Zeugnis zu bekommen - dann jene, bei denen es nur um Sprachpraxis geht und das Erlernen der Sprache das wirkliche Ziel ist. Und diese Kurse ohne Zertifikat sind umsonst!!! Das nenne ich mal angewandte Integrationspolitik. Ziemlich klug!

Beim Sprachtest oder in der ersten Englischstunde wurde aber auch deutlich, dass hier wirklich ein Problem besteht, dem man begegnen muss. Sowohl im Test als auch im Kurs bin ich neben einem Mann aus dem Senegal oder drei Asiatinnen einer der wenigen, die nicht aus Mexiko stammen. Und das ist dann eben sehr vergleichbar mit Deutschland. So wie man in Köln oder Berlin ohne weiteres mit türkisch überleben kann, reicht hier an manchen Ecken spanisch völlig aus. Selbst Zeitungen, Plakate oder das kostenlose Blättchen in der Kneipe sind mitunter ausschließlich auf Spanisch.

Nun denn - mache den Sprachtest, und dachte nur: Naja, wenn alle so sprechen würden, wie die Frau, die den Kurs führt, oder die Stimme vom Band, die dann die Testaufgaben vor las, dann bräuchte ich auch keinen Sprachkurs - die verstehe ich gut! Nach dem ersten Teil des Tests, der das Verstehen von gesprochenem Englisch prüft, wurden Hefte verteilt. Pfirsichfarbene - würde man bei uns nie sagen, aber "peach-colored" ist einfach schnell gesagt - und blaue. Hier geht‘s nun ums Lesen und Text verstehen. Ich blicke meiner Nachbarin über die Schulter, die im Gegensatz zu mir kein blaues Heft hat, und sehe, dass die Texte in ihrem Heft wesentlich kürzer sind. Bin schon mal sehr glücklich, dass ich in diesem Teil des Tests scheinbar ganz OK abgeschnitten habe.

Es kommt der zweite Teil mit drei Texten und Inhaltsfragen dazu. Nach der Auswertung erlebe ich wieder eine Situation, die mich als Ausländer von den Mexikanern unterscheidet. Eine Mitarbeiterin kam konkret auf mich zu, fragte ob ich spanisch spreche, und mein Nein führt dazu, dass sie mich mit aus dem Raum nimmt und mich in den Administrationsbereich führt. Hier geht‘s noch mal um die Abwicklung von Formalitäten - kurz nach mir kommt der Mann aus dem Senegal ebenfalls in Begleitung einer Mitarbeiterin. Der Rest der getesteten wurde dann scheinbar in der Gruppe auf Spanisch über die Abwicklung der Formalitäten informiert.

Insgesamt zufrieden mit dem Testergebnis



Bekomme dann auch mein Testergebnis - Hören und verstehen: 60% - was mich eher überrascht, hatte nicht das Gefühl, dass ich mich bei jeder dritten Frage verhauen hatte. Text lesen und verstehen war dann aber 100%. Insgesamt ist das Testergebnis aber genau so, wie ich es für mich erlebe - seit langem lese und schreibe ich in Englisch. Vor allem erfordert mein Beruf auch immer wieder Englisch, und die Programmiersprachen selbst basieren in der Regel auf der englischen Sprache. Nur das Reden und Verstehen, da dies auch immer stark vom Gegenüber abhängt, ist noch weit weg vom entspannten Alltagsgebrauch...

Bin auf das oberste Level für die kostenlose Kurse eingestuft worden, und soll mir das anschauen, ob das was für mich ist. Falls nicht, sei ein bezahlter Kurs wahrscheinlich besser für mich.

Die erste Stunde am Mittwoch lässt mich hier aber noch etwas zurück halten sein. Die Lehrerin war rein optisch schon eine Lehrerin, die viele Klischees erfüllte, war miserabel vorbereitet, kannte den Text nicht, den sie ausgeteilt hat. Und war auch nicht sicher, was genau mit dem Begriff broadcasting gemeint ist. Sie entschied sich für "Broadcasting ist Fernseh und Kino" - mh - bin leicht skeptisch, aber was soll‘s... Am Schluss gab's allerdings etwas Grammatik – und das war gut. Das ist mir noch lange im Kopf herum gegangen!

Wahrscheinlich wird für mich der beste Sprachkurs aber ein Job sein, in dem ich hier direkt Kontakt mit dem Amerikaner an sich haben werde... Also, wenn der WDR-Job durch ist, muss ich mich echt noch mal rein knien. Meine Webseite ist derweil übersetzt - und zu 1/3 auch kontrolliert. Hier gibt‘s aber noch viel zu tun....

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