Als Radfahrer im San Francisco Straßenverkehr

...lese gerade den Blog von Almut und Christina, die grade in der Mongolei sind, und berichten, wie es dort im Straßenverkehr ist: Als Fußgaenger in Ulaan Bataar... das ist hier völlig anders...

Bin seit Samstag Mittag stolzer Besitzer eines Fahrrads. Mach hier ziemlich viel zu Fuß, hab auch ein Monatsticket für den ÖPNV, aber um die Stadt noch mal anders kennen zu lernen, ist das Rad wirklich mein favorisierter Weg. Bin in den Rad-Laden, hab dem Mann gesagt, dass ich nur 4 Monate in der Stadt bin. Er hat dann auch keine verkäuferichen Talente verschwendet, sondern mir das preiswerteste Rad verkauft, dass aber völlig OK ist - 320 Dollar - was beim aktuellen Wechselkurs gute 200 € sind - naja, zwar Luxus für die Zeit, aber kann man ja wieder verkaufen.

Nun denn, es ist dann aber doch wie in Deutschland - kein Licht, keine Schutzbleche, Schnellspanner für Sattel und Räder - und hier wird wohl auch gerne geklaut - also, feste Schrauben für die Räder und den Sattel gekauft, Licht (ist im Straßenverkehr vorgeschrieben) und Schloss - und man ist dann doch 100 Dollar mehr los als gedacht.

Und wieder drauf eingefallen: Was hier völlig anders ist als bei uns: Die Steuer ist nicht mit ausgezeichnet - die sind von Staat zu Staat unterschiedlich, und in Kalifornien kommen also zum Schluss immer noch 8,5 % Steuern auf den Preis drauf - ich müsste es also derweil wissen, aber ich denke nie daran... Ich überleg gerade. Im Supermarkt sind immer Endpreise angeschlagen, in Cafés und Restaurant ist es unterschiedlich, da darf es wohl jeder machen, wie er es will, Und bei Klamotten - oder eben hier beim Rad, sind es dann in der Regel Netto-Preise.

Schwinge mich also aufs Rad, und erlebe zum ersten mal aktiv die Teilnahme am Straßenverkehr. Wer schon mal in den Staaten war, wird es wissen. Es gibt ein paar wesentliche Unterschiede: Auf dem Highway kann man sowohl links als auch rechts überholen - tun zwar Leute in Deutschland auch immer mal wieder, aber dort ist es verboten. Hier gilt also: Blick nach hinten rechts und links, wenn man die Spur wechseln will... Hab ich aber selber noch nicht erlebt.

Dann darf das Auto an Ampeln immer nach rechts abbiegen, auch wenn Rot ist, Hauptsache, er guckt vorher, ob frei ist und dass er keine Fußgänger platt macht. Im Prinzip das, was bei uns mit dem grünen Pfeil an Ampeln mehr oder weniger erfolgreich versucht wird, ist hier Standard.

Ach ja, die Ampeln hängen nicht vor der Kreuzung, sondern auf der auf der gegenüberliegenden Straßenseite - man muss also manchmal weit gucken, ob man rot oder grün hat.

Stimmt, was die Fußgänger an den Straßenkreuzungen mit Ampeln anbelangt, gibt es zwei Varianten: Einmal sind extra Fußgängerampeln da. Entweder leuchtet eine orangefarbene Hand, die einem das Stehenbleiben anzeigt. Dann ein weißes gehendes Männchen - größer als unser deutsches grünes Männchen, dann soll man gehen. Was ich richtig gut finde - irgendwann fängt neben dem weißen Männchen ein Sekundenzähler an zu zählen. Bei ganz breiten Straßen sind das schon mal 20 Sekunden, bei kleinen auch mal nur 4 oder 6 Sekunden, aber dann läuft dir Uhr. Und man weiß, ob man noch los gehen soll – ich habe auch schon ältere Damen umkehren sehen, als sie die Zeit sahen. Das ist echt super.

Die zweite Variante sind Ampeln, die für Fußgänger dann keine eigene Anzeige haben. Und das ist dann genau das Gegenteil von dem oben beschriebenen. Man muss sich am Grün der Autofahrer orientieren - und wenn das auf rot umschlägt, muss man sehen, dass man in die Puschen kommt - das Rot-Werden der Ampel ist nämlich gleichzeitig das Grün-Werden für den Kreuzverkehr - also, hurry up!

Nun denn, ich also auf mein Rad, so ganz geheuer war mir nicht, um muss eine ganz erstaunliche Erfahrung machen. Alle Kreuzungen ohne Ampeln - und hier kommt nach jedem Block, also alle 30 Meter eine Kreuzung, sind mit STOP-Schildern ausgestattet. Und auch das in zwei Varianten: Einmal so wie bei uns - also, eine Straße hat Vorfahrt - die mit dem STOP-Schild eben nicht. Diese Variante ist aber eher selten.

In der Regel steht das STOP-Schild an allen vier Straßen, die auf die Kreuzung treffen - mit dem Zusatzschild "ALL-WAY". Dann gilt es wohl - jeder muss anhalten, und richtig zum Stehen gekommen sein. Wer zuerst stand, darf dann fahren. Hab‘s aber auch häufig gesehen, dass man Vorrang gewährt und einfach geduldig wartet. Das soll dem Fahrverhalten in San Francisco entsprechen, in L.A. soll es schon wieder anders sein.

So wie ich hörte oder auch las, soll der San Francisco-Autofahrer nie hupen - so freundlich soll der sein... Naja, das stimmt so auch nicht. Wenn irgendwer links abbiegen will, der aber die Links-Abbiegen-Verboten-Schilder übersehen hat, hört man auch mehr als eine Hupe. Und es stimmt wieder doch - in Deutschland habe ich oft das Gefühl, dass viel Herren, die sich besonders erfahren im Straßenverkehr fühlen, erst mal auf die Hupe steigen, um zu maßregeln, anstatt das Risiko zu minimieren und das Tempo zu drosseln... Bin mal sehr gespannt, wie es sein wird, wenn ich hier selber im Auto sitze.

Was jetzt wirklich spannend auf dem Rad war - ich komme an die erste Kreuzung ohne Ampel - und der Wagen, der von rechts kommt, wartet, da ich scheinbar als erster da war, und gewährt mir freie Fahrt. Und das an der zweiten und an der dritten Ampel ebenso. Bin echt platt. Habe zwar oft das Gefühl, dass die Leute mit einer recht hohen Geschwindigkeit an die Kreuzungen ran fahren und dann hart in die Eisen steigen. Aber man ist hier als Radfahrer wohl vollwertiger Verkehrsteilnehmer, auch ohne militant zu sein, wie ich es in Köln selber gerne bin ;-) .

Schaue mir die Stadt also erstmalig mit dem Rad an, und es ist manchmal schon anstrengend, die Berge hoch zu kommen - hier macht sich der erste Gang der Schaltung bezahlt. Komme durch ein Industriegebiet, danach durch ein eher Chorweiler-Mühlheimer-anmutendes Getto mit ausschließlich Schwarzen, Cadillacs und lauter Musik aus den Autos. Dann aber wieder in - nach dem ich auf ein paar kurzen Metern 100 Höhenmeter überwunden habe, und mir von weitem ein "faster!" zugerufen wurde... Bin ich ganz oben auf dem Berg und völlig außer Atem - verwöhnt mal wieder mit einem grandiosen Blick...

Komme an Garagen vorbei, an dem einfach verkauft wird - scheint hier sehr üblich zu sein, dass man sein Hab und Gut, das man nicht mehr braucht, direkt zu Hause verkauft - an der nächsten Kreuzung war sogar ein Schild aufgestellt, welches auf den Verkauf hinweist.

Lege am Nachmittag knapp 20 Kilometer zurück, die kleine Rundreise siehe hier bei Google: Route vom Samstag - unten sieht man sogar die Höhenmeter - danach noch kurz im Gym... na, wenn das mal nicht sportlich war - am Abend klagte mein Rücken schon ziemlich. Aber was soll‘s. Bin froh übers Rad, mein Radius wird dadurch doch um einiges größer!

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