Schublade San Francisco zu - Schublade Köln auf!

Gibt’s viel zu berichten? Keine Ahnung. Zumindest habe ich es endlich geschafft, die Bilder der letzten 4 ½ Monate auf ein Angucker-erträgliches Maß zu reduzieren, um die einerseits hier ins Web zu stellen, aber dann auch eine Rundreise mit meinem neuen Beamer zu starten.





Eins ist auf jeden Fall stetig: Die Zeit rennt. Ich bin jetzt seit 2 ½ Wochen hier, und nach anfänglicher absoluten Auslastung mit dem Kölner CSD, den Gästen aus Bremen bzw. Berlin, dann zwei Geburtstagen gab es a) keine Zeit für ein Jetlag und b) eigentlich kaum Gelegenheit, sich mal in Ruhe hinzusetzen, und zu gucken, was war das denn jetzt, dieses Jahr in San Francisco?

Was in einer Weise völlig absurd ist, das Ankommen in Köln war, als ob man einen großen Schalter umlegt. Durch die äußeren Umstände: In San Francisco war alles ordentlich abgewickelt, hier bin ich am Tag meiner Ankunft direkt in meine zwischenzeitlich untervermietete Wohnung, meine Untermieterin Emilene hat lediglich ein paar Bilder abgehangen, ansonsten ist alles genau wie vor einem Jahr. Selbst die Gewürze standen noch an Ort und Stelle …

Einerseits natürlich gut für den Besuch, aber selber war ich froh, meine eigene Haustür zu haben, die ich hinter mir zu machen kann. Koffer sind ausgepackt, und das war es hier mit ankommen. Meine Klamotten sind noch in der Welt verteilt, und so richtig will ich die Schränke nicht wieder füllen, ich genieße es, dass alles recht leer ist, auch wenn es nicht nach Ordnung aussieht, da das wenige alles irgendwie rumfliegt. Gerade an meinem Schreibtisch merke ich, dass meine einst so gut organisierte Struktur noch nicht wieder hergestellt ist. Vor meiner Reise gab’s Schütten für Finanzkram, Projekte und Dingen-zum-Abheften, aktuell landet alles noch auf einem großen Haufen.

Und auch das Zurückkehren zur Arbeit ging von jetzt auf gleich. Zwei Tage nach meiner Ankunft war ich in der Mediagroup, um abzuklären, wo ich demnächst meinen Arbeitsplatz haben werde, und welche Aufgaben ich übernehmen soll/kann/werde. Kurz später saß ich bereits mit den Kollegen in der WDR-Kantine, irgendwie mit dem Gedanken, äh, vor drei Tagen saß ich noch in der Gangway zum Abschiedsbier, jetzt lausche ich dem gleichen Mittagstischgeschwätz, dass ich so sehr kenne. Nicht dass es schlimm wäre, aber das Gefühl, es hat sich gerade so gar nichts geändert, ist in diesen Momenten massiv. Beim Rewe sitzt die gleiche Kassiererin an der Kassen, der Penner in der Breiten Straße bettelt dort immer noch mit hoch rotem Kopf und massiv nasal-weinerlichen Stimme um ein paar Cent (sieht man den in der Bahn, näselt er gar nicht, sondern ist ein reflektierter Plauderer…), ein paar Gesichter in der Mediagroup sind neu, aber auf den ersten Blick sieht alles aus wie immer.

Am Montag dann der erste Abend ohne Programm – was machen? Inline-Skates an, einmal die große Runde Mühlheimer Brücke – Rhodenkirchener Brücke, wunderschönes Wetter, ich genieße es, dass irgendwann die Rückenschmerzen nachlassen und wie schön es doch hier am Rhein ist. Am Dienstag dann zum Squash, und obwohl ich ein Jahr nicht gespielt habe, steige ich nach dem ersten Spiel auf Platz 2 in der neuen Rangliste ein… Ja, natürlich stolz, aber vor allem mit dem „Alltäglichen“ habe ich hier ganz stark das Gefühl, die Schublade mit dem Leben in San Francisco ist jetzt wieder zu, und die Schublade Köln ist wieder auf (Nur mein Muskelkater verrät mir, dass ich eine längere Squash-Pause hatte ;-)).

Nun, beim Schreiben merke ich, das drum herum hat sich sicher verändert, man sieht die Veränderungen nicht auf den ersten Blick, aber mein Leben in Köln hat sich nicht verändert. Es ist genau dasselbe, wie es vor einem Jahr war. Ich will nicht jammern, ich genieße es 300%ig geschmeidig wieder in meine Wohnung, zu meinem Job und zu den Leuten hier zurück zu kommen, ohne jegliche Hürde, aber es macht mich auch ein wenig frustran, dass vermeintlich von dem Jahr so gar nix hängen geblieben ist.

Oder doch? Gerade beim Smalltalk beim Mittagessen merke ich, dass ich jedes Thema, was auf den Tisch kommt, mit einem „Also, in Amerika ist das so und so“ – und merke, dass ich mich zurück halten muss, wahrscheinlich verdrehen die Kollegen schon innerlich die Augen, wenn „der Heller“ wieder mit seinem Ami-Kram anfängt. Aber genau daran merke ich, dass meine kurzfristige Erlebniswelt dann doch in San Francisco war, und dass mein Kopf und mein Herz doch oft in Erinnerungen schwelgen. Nun, die Entscheidung, ob Köln oder San Francisco steht aktuell nicht zur Debatte. Aber ich gucke durchaus nach Flügen, und mit dem Luxus meines Jobs kann ich natürlich auch sagen – OK, dann flieg ich im Herbst für 6 Wochen, und arbeite die Zeit dann von dort aus. Und für einen solchen Zeitraum wäre das auch realisierbar, könnte einfach San Francisco genießen und meine wirtschaftliche Sicherung bleibt bestehen. Soweit aktuell mein unausgegorenes Hin-und-Her. Kein dramatisches wie im Winter, wo ich wirklich nicht so recht wusste, wohin es gehen wird, aber trotzdem ganz klar, dass es damit jetzt nicht getan ist, sondern dass San Francisco mich immer wieder sehen wird.

Kein Abschluss-Resümee


Ich habe es fast erwartet, ich komme gedanklich nicht dazu, mir vor Augen zu führen, was war jetzt gut, was war nicht so gut. Wie schon mal geschrieben, es gibt kein besser oder schlechter, es ist vor allem ein anders. Die soziale Absicherung ist in Deutschland definitiv besser, das hat der „Traum Amerika“ auf jeden Fall versagt. Hier ist es wesentlich sauberer und aufgeräumter, andere nennen es auch spießiger. In San Francisco ist alles etwas schnoddriger, habe aber auch das Gefühl, dass das auch mit einer etwas größeren Entspanntheit der Amerikaner einher geht.

Ein kleines traumatisches Erlebnis habe ich allerdings auch schon hinter mir. Wollte mich letzte Woche auf eine Ausschreibung bewerben, der Internetauftritt einer öffentlichen Einrichtung sollte ein „optischen Relaunch“ bekommen. Nach dem ich mir 100 Seiten Rahmen-, Quer-, Neben- und Unterbedingunen runter geladen hatte, darunter eine Bescheinigung der eigenen Zuverlässigkeit (ich dachte, ich trag mal ein, nö, montags ist doof, und komm ich heut nicht, komm ich morgen – äh – wie weit kann man denn Bürokratie betreiben?), und nach zwei Stunden studieren der Unterlagen musste ich feststellen, dass alles Mögliche da war, nur keine grafischer Entwurf – was ungefähr ein Haus bauen ohne Bauplan wäre! Ich fühlte mich so richtig im Beamtenstaat Deutschland angekommen. Und ich komme nicht drum herum, mich darüber zu ärgern, dass die Leute Tage lang Steuergelder ausgeben, und solche Ausschreibungen zu gestalten, formalistisch auf allerhöchsten Niveau, inhaltlich aber völlig verfehlt.

Beim ganzen Ankommen oder nicht ankommen habe ich gestern die Bilder noch mal in Ruhe angeguckt, und bin letzt endlich platt, wie viel ich gesehen habe, wie viele Leute ich kennen gelernt habe, dass ich der englischen Sprache ein Stückchen näher gekommen bin, und einfach sehr glücklich bin, diese Gelegenheit genutzt zu haben. Ein Jahr Ferien, so kommt es mir manchmal vor… Der Blick geht jetzt weiter nach vorne, aber ich denke, er wird das ein oder andere Male sicher auch nach hinten gehen…

In diesem Sinne – stephan-in-amerika.de wird es weiter geben, wahrscheinlich erst mal etwas ruhiger, aber ganz sicher nicht still ;-)






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