Yosemite - und zwischen Panik und Entspanntheit

...eigentlich ist es schon ein Gewaltakt, an einem Tag zum Yosemite Nationalpark zu fahren und zurück, aber es hat sich gelohnt. Gleiches Spiel wie vor zwei Wochen, bis wir bei Dollar-Autoverleih das bereits gebuchte Auto haben, war wieder über eine halbe Stunde vergangen. Wir waren ohnehin etwas später dran, mit dem spontanen Lunch auf dem Weg war dann aus den erhofften 12 Uhr mittags dann doch zwei Uhr geworden. Aber alleine die Fahrt dahin ist traumhaft. Man fährt langsam aus der Stadt raus. Bis man Oakland hinter sich gelassen hat, ist bald eine Stunde rum, es kommen gelbe Grashügel, endlose Windmühlen, irgendwann mischen sich die Grashügel mit vereinzelten Laubbäumen. Und schließlich nur noch Hügel, Berge. Und man spürt, dass der Park ganz nahe ist.

Der Park ist riesig. Von West nach Ost ist die Strecke 80 km, von Nord nach Süd gibt‘s nichtmals einen Weg, es werden ebenfalls knapp 100 Kilometer sein. Kern ist aber das Yosemite-Village, das Tal in der Mitte des Parks, das einfach traumhafte Natur bietet. Aktuell eben auch ein paar riesige Wasserfälle. Nun, im Herbst habe ich den Park ohne Wasserfälle gesehen, weil leer, vor ein paar Wochen dann mit ganz viel Wasser, aber bei bewölktem, diesigen Wetter. Gestern nun strahlend blauer Himmel, gefühlte knappe 30 Grad (bin auch ziemlich zerstochen), und pralle Wasserfälle. Einfach nur schön.

Und obwohl ich die Nacht davor elend schlecht geschlafen habe, die vier Stunden Autofahrt zurück waren ebenfalls sehr entspannend. Ich war fit, bis die Nacht um 9:30 komplett eingekehrt war, und wir auf der Fahrt obendrauf noch mit einem idyllischem Sonnenuntergang versorgt worden sind, genau in der Landschaft mit einzelnen Bäumen und endlos weiten Feldern, waren wir fast schon eine Stunde vor San Francisco. Nun, auch wenn ich teilweise das Gefühl habe, die Zeit rennt, gestern war sie einfach nur wunderschön gefüllt.

Ab 7 Uhr in der früh wollen die Parkuhren gefüttert werden, und hier im Innenstadtbereich schlucken die für 6 Minuten einen Quarter, sprich 25 Cent – von daher Wecker gestellt und den Mietwagen direkt zurück zum Verleihservice. Also war ich wach, konnte heute effektiv noch einen richtigen Arbeitstag hinlegen, bevor ich ein paar Erledigungen gemacht habe. Nun, Bankkonto gekündigt, und erstaunlicher Weise, da man sonst immer alles nur per Telefon und über endlose Schleifen geht - hier heute einfach in die Filiale, und nach 3 Minuten war alles völlig schmerzfrei erledigt.

Einen kurzen 150-Dollar-Schlenker durch H&M, immerhin drei Hemden, eine Shorts und neue Wäsche. Erstmalig zu Old-Navi, dann zu Ross (liebe Corinna, leider hab ich noch keine Convers gefunden...), im Westfield eine Kaffee und ein Stück unbeschreiblicher... na, vielleicht 5 mal 7 cm und kaum 2 cm hoch, aber schwere Schokolade, Karamell, Eischnee, Zuckerguss, Nüsse und ich weiß nicht was, habe mich gerade nach zwei Stunden ein wenig davon erholt. So voll, dass es beim Abercrombie & Fitsch auch nichts passendes mehr gab, oder einfach nur die Kauflaune gesättigt war...

Ich stehe eine Weile später auf der Market Street, ein schätzungsweise knapp 30 jähriger Asiate mit extrem kleinen Augen, schlank und hoch gewachsen, schwarze körperbetonte Klamotten und das Hemd etwas zu weit aufgeknöpft, dass man erst mal mit dem Blick hängen bleibt. Er wackelt an mir vorbei, ich gucke so hinter her, er dreht sich um, kommt auf mich zu, hebt die Kamera, fotografiert mit aus einem Meter Entfernung ein paar mal, sagt Danke und geht weiter. Tja, ich muss grinsen, so ist das hier eben...

Ein Stück weiter schnorrt mich ein Penner an, aber sehr charmant, auch wenn ich erst mal sein Betteln ignoriere. Ich musste zum Bankautomaten, und manchmal ist es schon merkwürdig, man steht an der Geldquelle, um einen herum mindestens fünf Schnorrer. Aber irgendwie hatte ich hier noch nie das Gefühl, dass ich mir ernsthaft Sorgen machen muss, dass sich ein Penner schneller an meinem Geld bedient als ich selber. Nein, ich fühl mich hier schon richtig sicher. Und der Penner von vorher grinst mich von weitem an, er scheint meine Absicht zu erkennen und nähert sich. Ich rolle einen Dollar-Schein, habe gute Laune heute, freue mich gerade des Lebens, und stecke dem Guten das Röllchen Papiergeld zu. Nun, auf dem Weg zu meiner Wohnung - was schätzungsweise keine 500 Meter sind - werde ich von mindestens 10 weitern Obdachlosen angeschnorrt, man kann also schnell arm werden, wenn man nicht nein sagen kann. Nun, aber ich fühl mich gerade wohl, die Ausnahme gemacht zu haben.

Vor allem habe ich das Gefühl, auch wenn mich vorgestern noch die Panik überkam, dass ich jetzt einfach die Tage verstreichen lasse, und sie einfach so genieße, wie sie kommen. Mich verlässt gerade das Gefühl, dass ich noch ganz viel machen muss, bevor ich nach Deutschland fliege. Einerseits ist San Francisco nicht aus der Welt, andererseits gibt‘s so vieles in der Welt, was ich noch nicht gesehen habe, da ist es nicht tragisch, wenn ich auch hier was auslasse. Vorne weg steht vor allem gerade das gute Gefühl. Und das ist da!

Bis die Tage!

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