Zeit verstreicht - von Alltag und Menschen

Nun denn, habe eigentlich nicht das Gefühl, dass es viel zu berichten gibt, aber es muss ja nicht immer der große Wurf sein. Das Schreiben lenkt mich gerade angenehm von meiner Fortbildung ab. Die ist zwar auf fünf Tage angelegt, es sind aber dicke Brocken drin, dass ich länger dafür brauchen werde, und ich es nur langsam schaffe, mir den Stoff einzuverleiben.

Die Tage verstreichen gerade in einer ruhigeren Weise. Arbeit kommt eher kleckerweise herein, aber zumindest in einem Rahmen, dass meine Steuerzahlung, die mir völlig entfallen war und ich das Geld, das ich zu diesem Zweck zur Seite gelegt hatte, ebenfalls für die nächste Rundreise verplant habe, dann doch wieder abgesichert ist.

Die leichte Flaute beunruhigt mich aber nicht wirklich. Ich bin beim WDR zwar „nur“ freier Mitarbeiter, aber heute kam schon die Ankündigung für das nächste Projekt. Im Herbst habe ich ein Abstimmungstool für einen ARD/ZDF Förderpreis umgesetzt, das ist gerade im Einsatz. Wie das eben mit solchen Projekten ist, erst wenn im Alltag mit Programmen oder Webanwendungen gearbeitet wird, kommen die Punkte und Ecken heraus, die man in der Konzeption nicht berücksichtigt hat, weil man einfach nicht erwartet hat, dass einzelne Anwender diese so oder so bedienen.

Na, und im Sommer, wenn die neue Bundesliga-Saison beginnt, wird es auch wieder Anpassungen an meiner ;-) mich stets begleitenden virtuellen Tabelle geben. Ich weiß nicht, ob es an meiner eher geringen Affinität zu diesem Sport liegt, zumindest ist das eines der Projekte, bei dem immer wieder wie ein Häschen aus dem Hut ein neues Problem auftaucht, oder einfach nur eine neue Anforderung entsteht, und ich mich über mich selbst amüsiere, wie arg ich mich von einem solchen Projekt verfolgt fühle…

Wie gesagt, Spektakuläres passiert hier gerade nicht. Am Samstag habe ich Yves getroffen. Ein 1,95 Meter großer Mann aus Haiti. Ihn hatte ich neulich bereits getroffen. Er selbst ist vor 4 Monaten hier her gezogen, ihm geht San Francisco vor allem mit dem Homo-Getto ziemlich auf den Nerv, von daher fühlte er sich berufen, mir Berkeley zu zeigen. Berkeley liegt nördlich von Oakland auf der andere Seite der Bay. Und es ist schon peinlich, bin jetzt 7 ½ Monate hier, und habe es bis auf den IKEA-Besuch nicht geschafft, die Orte in der Umgebung anzusehen. Berkeley ist ganz nett, noch viel studentischer als San Francisco, da hier auch die University of California ist – kurz Cal genannt.

Auf der Telegraph Avenue, hatte ich schon mal irgendwo gelesen, sind von daher jede Menge Kneipen, Second-Hand-Stores, Tattoo-Läden, ein wenig wie Camdon-Town in London – zumindest vom Flair. Wie gesagt, Berkeley ist ganz nett, und ich möchte dort ebenso gerne leben wie in Remscheid, doch eher unspektakulär.

Yves selber ist ganz witzig. Trifft man Leute zum zweiten Mal, sind die Gespräche anders als das „Wo kommst du her, was machst Du, wie lange bist Du schon hier…“. Er zeigt mir ein paar seiner Foto-Alben, und ich bin echt platt, wo er schon überall war, und wie viele Menschen er kennt. Er kennt selbst Leute aus Wernigerode, wo auch ich erst mal gucken muss, wo das überhaupt ist. Na, und es ist witzig, wie er diesen Ortsnamen mit amerikanisch-französischem Akzent ausspricht, als Haitianer ist eine seiner Muttersprachen französisch. Seit Motto ist, keine Zeit zu verplempern, arbeitet als Social-Worker, sein Job ist es, Obdachlose zu einer Unterkunft zu verhelfen, nun denn, dann wird er hier leider nicht so schnell arbeitslos :-( Und fühlt sich zu Höherem berufen, gerade Obama als Präsident beflügelt ihn, dass er als Schwarzer doch auch was in der Welt bewegen kann. Und wenn Hollywood anrufen würde, würde er auch auf die Leinwand gehen, soviel zu seiner Zielstrebigkeit ;-). Aber ich will nicht lästern, vielleicht verstehe ich mich mit ihm deswegen auch ganz gut, da wir ähnlich immer auch ein Stück auf der Suche sind.

Am Sonntag habe ich mein erstes Piano-Konzert gesehen. Pascal Roge – noch nie gehört, und auch eher so als Zugucker in einer fremden Welt. Ich habe das Konzert schon genossen, doch ich könnte nicht sagen, ob der jetzt schlecht, mittelmäßig oder geniös war, es waren aber zwei unterhaltesame Stunden, und die Musik hat dazu inspiriert, den Gedanken einfach feien Lauf zu lassen.

Zu dem Konzert gekommen bin ich über Joseph – ebenfalls ein schwarzer Mann. Schreibt mit Leidenschaft, tanzt mit Leidenschaft, und ist ebenfalls Sozialarbeiter. Die Karten für das Konzert hat er über seine Arbeit bekommen, er arbeitet in einer betreuten Wohneinrichtung, und eigentlich sollen die Bewohner diese nehmen. Die haben wohl aber keinen Bock, und damit das Sponsoring nicht beendet wird, lädt Joseph regelmäßig Freunde ein, um die Karten nicht verfallen lassen zu müssen. Joseph gehört auch zu der Sorte Amerikaner, die nicht blind sind für den Rest der Welt. Diese gibt es hier ohne Frage, aber er war auch schon in Deutschland, und leidet wirklich ein wenig mit, als er von dem Erdbeben in Italien hört. Und auch am Sonntag, ein richtig schöner Tag mit Sonnenbrandt-Potential, tauchen Worte wie „Global Warming“ auf. Er hat einen engen Bezug zur Natur, aber auch zu verschiedenen Künsten. Eine sehr gelassene Person.

Nun denn, so streichen die Tage eben vor sich hin. Schau ich zurück, merke ich schon, dass das ein Stück Alltag geworden ist, einfach fremde Leute anzumailen, sich zu verabreden und ein paar Dinge mit einander zu unternehmen und eine gute Zeit zu haben. Morgen fahre ich nach Pao Alto zu Andrew, den ich im Herbst schon getroffen habe, am Samstag kommt Kiran aus San Jose, um gemeinsam ins Wissenschaftsmuseum zu gehen. Und vielleicht gibt’s von Joseph Karten für ein Ballett, na, hab ich zumindest auch noch nie gesehen.

Hört sich doch gut an, oder? Ist auch ganz schön. Das Treffen der unterschiedlichen Leute gehört sicher zu den Erfahrungen, die ich selber als starke Horizonterweiterung erlebe. Nicht, dass es in Deutschland keine Ausländer gibt – ähm, das Wort gibt’s irgendwie nur in Deutschland – na, auch dort kenne ich Leute aus den Niederlanden, aus England, der Türkei und auch aus Bayern ;-) , aber hier ist der Radius eben noch n Tick größer, und bei jeder Begegnung lernt man wieder was neues, ein kleines Stück von der Welt mehr…

Soweit, so gut. Heute steht noch das Computer-Retten von Karl-Heinz auf dem Programm. Das ist hier auch nicht anders, wenn man was mit Computern macht, kann man auch alles, was man da so machen kann – glaubt zumindest der Nicht-Fachmann. Nun denn, für den Virenscanner zu aktualisieren und die Defragmentierung anzuschmeißen wird es wohl reichen. Und nebenher gibt’s eben n Glas Wein, das ist auch nicht verkehrt…

Ach so - die ersten drei Fotos sind aus Berkeley, die letzten drei vom Wochenende davor - da habe ich Enrico, auch ein Greencard-Gewinner, getroffen und waren ein wenig auf Sightseeing-Tour... Manche Begegnungen verblassen dann auch ganz schnell, obwohl auch das ein ganz schöner Tag war!

In diesem Sinne, bis die Tage!

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