Jetzt ist sie weg, die Greencard!

Ja, lange war die Entscheidung getroffen, die Greencard abzugeben. Und lange lag sie auf meinem Schreibtisch. Als ob sie mich täglich fragen würde "Du willst mich doch nicht wirklich zurück geben?!". Dass es nun so lange gedauert hat, lag aber eher daran, dass man dafür einen Termin beim Konsulat in Frankfurt braucht, und man einfach einen Tag dafür einplanen musste, was mir durch den Job im letzen halben Jahr nicht ohne weiteres möglich war.

Aber jetzt war es soweit, ich hatte ohnehin ein Kurzbesuch im Süden Deutschlands geplant und konnte für den 19. August noch einen Termin vereinbaren (das geht beim Konsulat derweil auch Online). So saß ich am Freitag da. Eine Stunde zu früh, aber mit Einchecken ins Konsulat-Gebäude, und nach dem mich der dritte US-Grenzbeamte darauf hingewiesen hatte, dass Handys nicht erlaubt sind - ich aber auch ohne Handy da war, war ich endlich drin.

Schon ein bisschen wehmütig, in diesem großen Raum mit den Flaggen aller 50 Staaten zu sitzen. Mich genau daran erinnern zu können, wie mein erster Besuch hier war, und wie ich zwischen Zahlungs- und Botschaftsschalter hin und her gesprungen bin. Heute ist die Ecke abgesperrt und wird renoviert. Aber der Betrieb hier ist im vollen Gange, überall Leute mit Unterlagen, viele scheinen aufgeregt oder leicht nervös zu sein. Und komisches Gefühl, wahrscheinlich wollen die ganzen Leute hin - nur ich nicht, ich gebe die Bande mit Amerika heute auf.

Am Schalter 40, irgendwo die Treppe hoch und eher weniger imposant, sondern mehr vom "Gefühl Hinterzimmer" komme ich dann zum meinem Konsul. Auch hier, hinter Panzerglas. Die Leute im Wartebereich alle etwas ungeduldig. Und die Leute bieten einen kleinen Eindruck der amerikanischen "Diversity", ein junges asiatisches Paar, jeweils zwei schwarze Männer in den besten reiferen Jahren mit jeweils einer spanisch sprechenden Frau, und noch ein paar Leute mehr...

Ich lege dem Konsul mein bereits ausgefülltes Formular "I-407, Abandonment of Lawful Permanent Resident Status" sowie meine Greencard in die Durchreiche unterhalb der uns trennenden Panzerglasscheibe. Kein fröhlicher Mensch am Schalter wie damals, sondern eher einer der froh ist, dass es Freitagmittag und das Wochenende nahe ist. "Bitte unterschreiben Sie hier, setzen Sie sich, wir überprüfen das gerade..." Kein "Warum wollen Sie die denn abgeben", womit ich scheinbar gerechnet hatte. Sondern es wird deutlich, dass das hier im Konsulat ein verdammt schlichter Verwaltungsakt ist, was für mich hingegen Stunden des Hirnschmalzzerbrechens gekostet hat.

Was nun im Zimmer auf der anderen Seite der Glasscheibe passiert, kann ich nicht sehen. Leute mit weiteren Wartenummern kommen an die Reihe, ohne dass der Konsul mich noch mal aufruft. Aber endlich, nach geschätzten 15 oder 20 Minuten erscheint eine andere Frau, etwa in meinem Alter, am Nachbarschalter, ruft mich auf und gegrüßt mich mit einem bereiten hessischem "Gudde Mooorsche" und strahlt mich an - als ob ich mir gerade eine 100.000 € Lottogewinn abholen würde.

Freudig erklärt sie mir, dass ihre Chefin "den Vorgang" geprüft hat und alles in Ordnung sei (und es fühlt sich wirklich wie ein "Herzlichen Glückwunsch" an, das sie mir entgegen grinst). Keine Ahnung, was die jetzt geprüft haben, sicher, ob ich noch Steuerschulden habe, oder ob ich in einem Strafregister zu finden bin. Oder was auch immer. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es Probleme geben könnte, hatte mir aber auch keine Gedanken gedacht, dass ich "zum Schluss" noch mal durchleuchtet werde.

Es gibt noch ein paar Erklärungen, dass ich in Zukunft immer die Bestätigung meiner "Greencard-Aufgabe" mit mir tragen soll, wenn ich in die Staaten reise. Und auch meinen Reisepass, der jetzt ebenfalls einen Stempel zur Greencard-Abgabe hat. Selbst wenn ich den nächsten Reisepass bekomme. Ich solle diesen hier immer und auf jeden Fall behalten, und später dann mit neuem und altem Reisepass einreisen...

Ich verlasse das obere Geschoss des Konsulats, bin beim Durchschreiten der Türen noch mal baff, dass hier ausschließlich amerikanische Türen, Klinken und Schließsysteme verbaut sind, selbst mitten in Frankfurt, wo es sicher auch deutsche Türen geben sollte, ist das hier wirklich ein amerikanischer Fleck Erde. Mit allem was dazu gehört. Ich schätze, dass es auch hier kein DIN-A4 geben wird, sondern nur Papier im US-Letter-Format. Ich verlasse das Gebäude, und im Eingangsbereich, nun, gerade für mich der Ausgangsbereich, hängen, wo bei meinem letztem Besuch noch Bilder von George W. Busch und Condoleezza Rice hingen, jetzt welche von Barack Obama, John Biden und Hillary Clinton. So ändern sich die Zeiten...

Ich sitze im Auto, und spüre meinen Klos im Hals. Na, ich fang nicht an zu heulen. Aber merke, wie schlecht meine Laune ist. Vor allem, irgendwie hatte ich die Hoffnung, dass sich ein Gefühl des "Erledigt-Sein", des "Endlich ist ein Haken hinter dieser Amerika-Geschichte" einstellen wird. Nein. Es bleibt ein Gefühl von "war das jetzt wirklich der richtige Schritt?", rein formell zu wissen, dass dies gerade der einzig mögliche Schritt war, da ich die Karte mit Sicherheit bei der nächsten Einreise abgenommen bekommen hätte. Und das mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Stress bedeutet hätte…
Es bleibt das Gefühl, wie auch bei vielen großen und weitreichenden Entscheidungen in der letzen Zeit: "War die Entscheidung jetzt die Richtige?"

Nun denn, zwei Tage später bin ich jetzt wieder in Köln, etwas angeschlagen vom Wochenende. Bin ein wenig traurig, gerade das Schreiben von diesem Blog hat mir immer riesen Spaß gemacht (Selbst wenn die aktive Zeit schon zwei Jahre vorbei ist). Und jetzt ist klar, dass das der letzte Eintrag in diesem Blog ist. Mal gucken, ob oder wann ich den Blog irgendwann vom Netz nehme. Oder die Einträge für mich noch mal raus kopieren und mir selber ein Buch daraus machen. So wie ich es mit meinen Fotos auch schon gemacht habe. Mein Blog als eigenes Buch, das würde mir gefallen. Und gleichzeitig - der Blog ist der Blog, und dokumentiert meine Zeit in den Staaten wunderbar, und hält diese für mich auch sehr lebendig, vielleicht reicht das ja auch, wenn er im Netz bleibt. Nun denn, meine Eltern haben immer gesagt "Die Zeit in Amerika hast Du auf jeden Fall gehabt, die kann Dir keiner mehr nehmen!" Wie wahr. Na, und das treibt mir in der Tat doch jetzt ein Tränchen in die Augen... damit soll es dann auch gut sein!

War eine schöne Zeit! Danke.

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